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Gepostet am 02. Juli 2024 von  Alexander Bahr, Mitglied im Vorstandsstab (Bereich Strategie und Regulatorik) bei der dwpbank; Thorsten Reepen, Projektmanager bei Severn Consultancy 🕐 5 min Lesezeit

Serie zur Retail Investment Strategy der EU-Kommission (Kostentransparenz)

In unserer Blogserie zur Retail Investment Strategy (RIS) der Europäischen Kommission haben wir gemeinsam mit Herrn Alexander Bahr von der dwpbank umfassend die verschiedenen Aspekte dieser weitreichenden Regulierungsinitiative untersucht. Unsere bisherigen Beiträge haben sich dabei intensiv mit dem kontrovers diskutierten Provisionsverbot, den neuen Pflichten in der Anlageberatung und im beratungsfreien Geschäft sowie den erweiterten Anforderungen an die Product Governance beschäftigt.


Der erste Blog  der Serie widmete sich dem Provisionsverbot und analysierte die grundlegenden Veränderungen und deren Bedeutung für die Finanzdienstleistungsbranche. Dabei wurde deutlich, dass das Provisionsverbot nicht nur die Transparenz erhöht, sondern auch erhebliche Auswirkungen auf die Beratungsqualität und die Vermeidung von Interessenkonflikten hat.

Der zweite Blog  vertiefte diese Thematik und betrachtete insbesondere die Implikationen für die Portfolioverwaltung und das beratungsfreie Geschäft.

Im dritten Blog  haben wir die neuen Verpflichtungen in der Anlageberatung und im beratungsfreien Geschäft beleuchtet. Ein zentrales Element war hier der Best-Interest-Test, der sicherstellen soll, dass alle Finanzinstrumente und Beratungsprozesse im besten Interesse der Kunden durchgeführt werden. Diese Neuerung bringt erhebliche praktische Herausforderungen und Anpassungsbedarf für die Anbieter von Wertpapierdienstleistungen mit sich.

Der vierte Blog  unserer Serie konzentrierte sich auf den erweiterten Pflichtenumfang in der Product Governance. Hier wurden die neuen Regulierungen zur Preisbildung und deren Auswirkungen auf die Finanzprodukte und deren Vertrieb detailliert analysiert. Ziel dieser Regelungen ist es, eine transparente und faire Preisgestaltung zum Schutz der Kleinanleger zu fördern, wobei auch die Herausforderungen und Chancen für die Branche kritisch betrachtet wurden.

Heute erreichen wir den vorerst letzten Teil unserer Serie zur Retail Investment Strategy der EU-Kommission, welche wir gemeinsam mit Herrn Alexander Bahr erarbeitet haben.

Der heutige Fokus

Zum Abschluss widmen wir uns einem besonders bedeutsamen Aspekt: der Kostentransparenz.

Die aktuellen Regelungen zur Kostenoffenlegung basieren auf den Artikeln der MiFID II, die im Rahmen der neuen Strategie erheblich erweitert werden sollen. Diese Erweiterungen betreffen sowohl die ex-ante Kostenoffenlegung als auch das jährliche Kostenreporting und stellen Finanzinstitute vor neue Herausforderungen bei der Umsetzung.

Ein weiterer interessanter Aspekt ist die Möglichkeit einer beschränkten Anwendung der Kostentransparenzpflichten für professionelle Kunden und geeignete Gegenparteien, basierend auf bisherigen Erleichterungen, was Raum für weitere Diskussionen bietet.

Fachliche Einschätzung von Herrn Bahr - Kostentransparenz

Neuerungen wird es durch die Retail Investment Strategy auch in Sachen Kostentransparenz geben. Einerseits ist das ein wenig überraschend, hatte doch die im Auftrag der EU-Kommission erstellte Studie im Vorfeld (vielfach als Kantar-Studie bezeichnet) gar keine Defizite in dem Bereich festgestellt. Anderseits ist ein (noch) stärkeres Maß immer wieder in Hintergrunddiskussionen als Abhilfe diskutiert worden um damit die Argumente für ein Provisionsverbot weiter abzuschwächen.

Die aktuellen Regelungen zur Kostenoffenlegung ergeben sich aus Art. 24 Abs. 4, in dem sich eine vergleichsweise knappe und allgemein gehaltene Regelung findet. Konkretisiert wird das in Art. 50 der Durchführungsverordnung (VO 2017/565). Nach dem Entwurf der Retail Investment Strategy werden die Informationen über Kosten künftig im neuen Art. 24b deutlich umfassender geregelt. Viele Detailregelungen „rutschen“ damit eine Regulierungsebene nach oben.

Ex ante Kosteninformation

Für den Inhalt der ex-ante Kostenoffenlegung ergeben sich kleinere inhaltliche Änderungen. So enthält der Vorschlag genaue Vorgaben zur angenommenen Haltedauer. Außerdem muss künftig auch eine Aussage aufgenommen werden, wie die angegebenen Kosten vom Kunden gezahlt werden. Größere Änderungen werden sich für die Art und Weise der Darstellung ergeben. So bekommt ESMA ein Mandat zur Standardisierung sowohl des Formats als auch der Terminologie. Die ex-ante Kostenoffenlegung erfährt künftig also eine Vereinheitlichung. Wenngleich das im Grunde zu begrüßen ist, fragt man sich gleichwohl: warum jetzt. Nach mehreren Jahren hat jedes Institut seine Standards gefunden, die auch den Kunden vertraut sind. Sofern man als Dienstleister für mehrere Institute diese Kostenoffenlegungen erstellt, war das durchaus kein einfacher Prozess, die Wünsche und Vorstellungen aller Institute in Einklang zu bringen. Eine Standardisierung viele Jahre früher hätte da einiges leichter gemacht. Jetzt führt das vor allem zu Anpassungsbedarf in den IT-Systemen. Ob die Kunden davon einen echten Mehrwert haben, bleibt offen. Zumal fraglich ist, ob in den Vorschlägen der ESMA alle Einzel- und Sonderfälle, für die die Institute in den vergangenen Jahren ihre Lösungen gefunden haben, umfassend Berücksichtigung finden werden.

Jährliches Kostenreporting

Für die jährlichen Kosteninformationspflichten ergeben sich hingegen auch inhaltlich zusätzliche Anforderungen, die genau genommen nur sehr eingeschränkt mit Kosten zu tun haben. Als sachlich passend könnte man noch die künftig zu machenden Angaben über Steuern ansehen. Dabei handelt es sich grundsätzlich nicht um individuelle Steuern des Kunden, sondern um solche allgemeinen Steuern, die das Institut einzieht. Bei Stempelsteuern oder Transaktionssteuern mag das noch Sinn ergeben. Inwieweit sich Quellensteuern und sonstige Steuern aber bei einem Anleger letztendlich tatsächlich als Kosten niederschlagen oder im Rahmen einer Veranlagung und Steuererstattung letztlich ganz anders gestalten, erscheint fraglich.

Künftig müssen aber auch Angaben zu Erträgen, Wertentwicklung und Marktwert für jedes Finanzinstrument mit angegeben werden. An dieser Stelle werden Kosteninformation und Quartalsreport bzw. Depotauszug inhaltlich vermischt. Bleibt zu hoffen, dass dafür die Anforderung in Art. 63 der delegierten Verordnung (VO 2017/565) entfallen wird, ansonsten entstehen unnötige Dopplungen.

Eine Standardisierung erfährt die jährliche Kosteninformation nur in Bezug auf die Terminologie, nicht jedoch in Bezug auf das Format. Da bleibt dann zu hoffen, dass man bei der nächsten MiFID-Überarbeitung nicht doch noch auf die Idee kommt, dann auch dafür ein einheitliches Format festzuschreiben.

Professionelle Kunden und geeignete Gegenparteien

Etwas Rätsel geben die letzten beiden Unterabsätze des neuen Art. 24b Abs. 1 auf. Darin wird festgelegt, dass mit professionellen Kunden und geeigneten Gegenparteien eine beschränkte Anwendung der Kostentransparenzpflichten vereinbart werden kann. Dies verwundert insofern, als dass es durch den sog. MiFID-QuickFix Erleichterungen gab, die deutlich weitergehender waren. Man kann nur vermuten, dass es sich um ein Redaktionsversehen handelt, zumal die durch den MiFID-QuickFix eingeführten diesbezüglichen Regelungen (Art. 29b Abs. 1 UAbs. 1, Art. 30 Abs. 1) keine weitergehende Änderung durch die Retail Investment Strategy erfahren. Alles andere wäre kaum nachvollziehbar und dem Schutz dieser Kundengruppen nicht dienlich.

Ausblick

In zukünftigen Veröffentlichungen werden wir uns mit den legislativen Vorschlägen und Positionen zur Retail Investment Strategy der EU auseinandersetzen. Die unlängst veröffentlichten Positionen des EU-Parlaments und des Rats lassen erwarten, dass die Retail Investment Strategy bis zum fertigen Rechtsakt sicherlich noch einige Änderungen erfahren wird. Zudem werden wir die finalen Versionen der Vorschläge mit ihren ursprünglichen Entwürfen vergleichen. Dies ermöglicht es uns, die Änderungen und deren potenzielle Auswirkungen auf die Marktteilnehmer besser zu verstehen. Durch diese Analysen hoffen wir, Ihnen tiefergehende Einblicke und praktische Informationen zu bieten, die Ihnen helfen, sich in diesem komplexen regulatorischen Umfeld zurechtzufinden.


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