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Gepostet am 07. August 2025 von  Lukas Faust, Consultant und Dr. Boris Böttinger, Project Manager bei Severn Consultancy 🕐 6 min Lesezeit

ESG-Berichtspflichten werden verbindlich – klare Erwartungen an kleinere Institute

Lange Zeit schien das Thema ESG für viele kleinere Banken ein Thema der „Großen“ zu sein – ein Bereich, der eher unter vereinzelten Nachhaltigkeitsinitiativen oder Imagepflege lief. Diese Zeiten sind nun jedoch vorbei. Mit der überarbeiteten Capital Requirements Regulation (CRR) und dem dazugehörigen Konsultationspapier der EBA rücken nun auch kleine und nicht-komplexe Institute (SNCIs) in den Fokus regulatorischer ESG-Offenlegungspflichten.

Was bedeutet das konkret? Wer ist betroffen? Und worauf sollten sich kleinere Unternehmen jetzt einstellen? Dieser Blog gibt einen Überblick.


Vom Beobachter zum Beteiligten: Was sich für SNCIs ändert

Mit dem neuen Offenlegungsrahmen wird Artikel 449a CRR grundlegend überarbeitet. Die EBA macht dabei eines sehr deutlich: Alle Institute – nicht nur große, börsennotierte Banken – sollen künftig ESG-Risiken offenlegen. Dazu gehören:

  • Große, nicht-börsennotierte Institute,
  • andere börsennotierte Institute und
  • insbesondere: kleine und nicht-komplexe Institute (SNCIs).

Letztere wurden bislang im Säule-3-Offenlegungsrahmen der CRR zu ESG vollständig ausgenommen. Das ändert sich nun – und zwar verbindlich.

Hier geht es zu dem EBA-Konsultationspapier.

Proportional, aber verpflichtend: Was SNCIs offenlegen müssen

Um kleinere Institute nicht zu überfordern, sieht die EBA eine stark vereinfachte Offenlegung vor. Dennoch: Die Pflicht besteht.

Im Rahmen der quantitativen Berichterstattung wird von Instituten verlangt, ESG-Risiken – insbesondere Transitions- und physische Risiken – systematisch zu erfassen und nach Sektor, Region sowie Laufzeit zu klassifizieren.

  • Physische Risiken
    Physische Risiken beziehen sich auf Gefahren, die durch natürliche Ereignisse oder physische Umweltbedingungen entstehen und potenziell negative Folgen für Menschen, Sachwerte oder natürliche Ressourcen haben können. Sie umfassen sowohl akute Naturkatastrophen wie Erdbeben, Überschwemmungen, Stürme und Waldbrände als auch langfristige Entwicklungen, etwa den durch den Klimawandel bedingten Anstieg des Meeresspiegels.
     
  • Transitorische Risiken
    Transitorische Risiken sind vorübergehende Risiken, die meist nur für kurze Zeit bestehen und in der Regel keine langfristigen Auswirkungen haben. Sie können in unterschiedlichen Bereichen auftreten – etwa im Zusammenhang mit ESG, dem Klimawandel oder wirtschaftlichen und unternehmerischen Entwicklungen. Ein typisches Beispiel ist die kurzfristige Marktunsicherheit infolge der Einführung neuer regulatorischer Vorgaben, wie etwa einer CO₂-Bepreisung, die temporär zu steigenden Energiekosten führen kann. Obwohl solche Risiken häufig als Teil des normalen Geschäftsverlaufs betrachtet werden, ist es entscheidend, sie frühzeitig zu identifizieren, kontinuierlich zu beobachten und angemessene Maßnahmen zur Risikominimierung zu ergreifen.

Dabei liegt der Fokus auf besonders klimasensitiven Branchen und fossilen Exponierungen, da diese als besonders risikobehaftet im Kontext der Klimawende gelten.  SNCIs müssen entsprechende ESG-Risiken, gemäß Artikel 494a CRR, sowie entsprechende Mitigationsmaßnahmen veröffentlichen. Von besonderer Relevanz sind dabei die Kennzahlen „Green Asset Ratio“ (GAR) und „Banking Book Taxonomy Alignment Ratio“. (BTAR) Die GAR ist verpflichtend und gibt den Anteil der umweltverträglichen Vermögenswerte eines Instituts an dessen gesamten Vermögenswerten an und misst damit, wie stark das Kreditportfolio mit den Zielen der EU-Taxonomie für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten übereinstimmt. Die Banking Book Taxonomy Alignment Ratio (BTAR) misst den Anteil der Vermögenswerte im Bankbuch eines Instituts, die mit den ökologischen Zielen der EU-Taxonomie übereinstimmen, damit werden im Gegensatz zu der GAR auch komplexe Finanzprodukte wie z.B. Derivate und Optionen mitberücksichtigt.

Ergänzend dazu sind im qualitativen Teil erste beschreibende Einschätzungen gefordert, wie ESG-Risiken innerhalb des Instituts beurteilt, gesteuert und in die bestehende Risikomanagementpraxis integriert werden. Diese Einschätzungen umfassen erste Aussagen zur Governance-Struktur, strategischen Ausrichtung und zum Umgang mit ESG-bezogenen Risiken. Die Institute sollen darlegen, inwieweit ESG-Aspekte bereits in Entscheidungsprozesse eingebunden sind und welche organisatorischen Maßnahmen zur Identifikation, Bewertung und Steuerung dieser Risiken getroffen wurden.

Die Tabellen sollen einmal jährlich veröffentlicht werden – erstmals zum 31.12.2026. Vorher gibt es eine Übergangsphase, in der eine freiwillige Anwendung bereits möglich (und aus Sicht der Aufsicht sogar wünschenswert) ist.

Was bisher war – und was jetzt kommt

Bislang konnten sich SNCIs in der ESG-Berichterstattung weitgehend auf freiwillige Statements oder Anlehnungen an Nachhaltigkeitsstandards beschränken – sofern überhaupt etwas berichtet wurde. Jetzt wird ESG auch für SNCIs ein fester Bestandteil des aufsichtlichen Offenlegungsrahmens. Die Berichte sollen ein klares Bild davon geben, welchen Risiken Institute durch Klimawandel, Energiepolitik oder soziale Entwicklungen ausgesetzt sind – und wie sie damit umgehen.

Das bedeutet: Nachhaltigkeit wird prüfbar. Nicht nur in der Kreditvergabe, sondern im gesamten Geschäftsmodell.

Datenhub der Säule 3

Bisher erfolgten Pillar 3-Offenlegungen dezentral über die Websites der Banken, was durch uneinheitliche Formate und Strukturen den Zugang und die Vergleichbarkeit erschwerte. Mit dem Pillar 3 Data Hub (P3DH) schafft die EBA nun eine zentrale Plattform für standardisierte und maschinenlesbare Offenlegungsdaten.

Das Onboarding der Institute begann im Mai 2025, zunächst mit freiwilliger Teilnahme ausgewählter großer Institute. Der Livegang der Plattform ist für Dezember 2025 geplant. Ab dann können Stakeholder wie Investoren, Analysten und Aufsichtsbehörden auf einheitlich strukturierte Offenlegungsdaten zentral zugreifen. In weiteren Phasen soll der Datenhub schrittweise ausgebaut und für zusätzliche Institute geöffnet werden.

Der Datenhub harmonisiert Datenformate, verbessert die Wiederverwendung von Daten, verfügt über verschiedene Datentools und wird als Datenquelle für die Entwicklung verschiedener Projekte, wie den European Single Access Point (ESAP), fungieren.

EUCLID (European Centralised Infrastructure for Data) ist das zentrale Datenbanksystem der EBA, in das auch der Pillar 3 Data Hub eingebettet ist, und dient der Erfassung, Verarbeitung sowie Analyse aufsichtsrechtlicher Meldedaten europäischer Finanzinstitute.

Fazit: ESG ist gekommen, um zu bleiben – auch für kleinere Institute

Die ESG-Offenlegungspflicht für SNCIs ist mehr als nur ein formaler Schritt – sie markiert den Einstieg kleinerer Institute in eine neue aufsichtsrechtliche Realität. Nachhaltigkeit ist längst kein freiwilliger Imagefaktor mehr, sondern wird zunehmend als integraler Bestandteil von Risikosteuerung und Governance eingefordert. Die neuen technischen Standards der EBA zeigen klar: Auch kleinere Institute wie SNCIs rücken ins Zentrum der ESG-Aufsichtspflichten – mit konkreten, wenn auch vereinfachten Offenlegungsvorgaben. Damit wird ESG-Integration zum prüfungsrelevanten Kriterium, das nicht nur auf dem Papier existiert, sondern aktiv im Risikomanagement verankert werden muss.

Jetzt gilt es, aktiv zu werden: Institute, die frühzeitig Strukturen schaffen und ESG-Risiken systematisch verankern, sichern sich nicht nur regulatorische Compliance, sondern auch Glaubwürdigkeit gegenüber Kunden, Investoren und Aufsicht. Die Umsetzung mag fordernd sein – ist aber machbar. Jetzt ist der Moment, Verantwortung zu übernehmen und den nächsten Schritt in Richtung Transparenz und nachhaltiger Transformation zu gehen – nicht nur regulatorisch, sondern auch mit Blick auf Reputation, Marktzugang und Stakeholdervertrauen.

Welche Sofortmaßnahmen können SNCIs jetzt ergreifen?

  1. GAP-Analyse starten: Welche ESG-Risikodaten werden heute bereits erfasst, welche fehlen?
  2. Zuständigkeiten klären: Wer im Haus ist für ESG-Risiken, Meldewesen und Offenlegung zuständig?
  3. Datenbasis aufbauen: Die Anforderungen sind vereinfacht – aber sie erfordern trotzdem Informationen zu Sektoren, Regionen und Risikotypen. Eine erste „Testrunde“ mit dem Konsultationsentwurf der EBA kann helfen, Lücken zu identifizieren.
  4. Thema intern verankern: ESG darf nicht beim Bericht enden. Die Integration in Strategie und Governance wird explizit verlangt – auch im Kleinen.
  5. Systemanpassungen: Unternehmen müssen sich aktiv auf das Pillar 3 Data Hub-Portal der EBA einstellen, indem sie ihre Systeme so anpassen, dass sie quantitative Daten im XBRL‑CSV-Format und qualitative Inhalte als datenextrahierbare PDF-Dateien über das EUCLID-System einreichen können.
  6. Überwachung der EBA-Veröffentlichungen: Finalisierung der ITS ist für Q4/2025 geplant – Änderungen prüfen und anpassen.
  7. Externe Unterstützung evaluieren: Bei Ressourcenengpässen ESG-Offenlegungsprojekte frühzeitig mit externer Expertise verstärken.

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