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Gepostet am 26. September 2016 von  Wiebke Wolter, Senior Consultant bei Severn Consultancy in Veranstaltungen Regularien

Nachlese zur 4. Fachtagung Wertpapier-Compliance: Aufseher gewähren Einblicke

Am 23. September 2016 fand die bereits vierte, gemeinsam von der Universität Paderborn und der Hochschule der Deutschen Bundesbank organisierte Fachtagung zur Wertpapier-Compliance statt. Die in diesem Jahr erstmals in den Räumlichkeiten der Hauptverwaltung der Bundesbank in Frankfurt am Main stattfindende Veranstaltung befasste sich unter dem Motto „Compliance in der Wertpapierabwicklung“ ausschließlich mit dem Maßnahmenpaket MiFID II / MiFIR.

ESMA erzielt wesentliche Fortschritte

Im ersten Teil der Veranstaltung gaben Verena Ross, Exekutivdirektorin der ESMA, sowie Elisabeth Roegele, Exekutivdirektorin der BaFin, einen Überblick zum Status Quo und weiteren Entwicklungen in der legislativen Ausarbeitung des Maßnahmenpakets. Frau Ross bezeichnete MiFID II als das bedeutendste Regelwerk in den bisherigen Arbeiten der ESMA. Mit dem Ziel einer erhöhten Effizienz, Stabilität und Transparenz des Finanzsystems sowie einem verbesserten Anlegerschutz arbeite die ESMA seit der Verabschiedung der überarbeiteten Finanzmarktrichtlinie MiFID II und der begleitenden Verordnung MiFIR an der Erfüllung ihrer Mandate zu Level-2- und Level-3-Maßnahmen. Dazu arbeitete sie sich durch über 15.000 Seiten Stellungnahmen und veröffentlichte im vergangenen Jahr 42 finale Entwürfe technischer Standards sowie ihren technischen Ratschlag für die von der Europäischen Kommission auszuarbeitenden delegierten Rechtsakte. Die Einwandsfrist für diese delegierten Rechtsakte ist nach Aussage von Frau Ross bereits abgelaufen, wonach eine Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union zeitnah erfolgen soll. An drei der 42 finalen Entwürfe technischer Standards der ESMA hat die Europäische Kommission hingegen Änderungen vorgenommen. Dabei handelt es sich um die ESMA-Entwürfe technischer Regulierungsstandards (RTS) zu Positionslimits bei Warenderivaten, dem Nebentätigkeits-Test zur Zulassung von Wertpapierfirmen sowie der Handelstransparenz im Bereich der Nichteigenkapitalinstrumente. Drei weitere RTS sind zudem noch offen: 

  • Zur Vorbereitung eines RTS zur Handelspflicht bei Derivaten wurde erst kürzlich ein Diskussionspapier von der ESMA veröffentlicht
  • Ein geforderter RTS zum Datenticker für Nichteigenkapitalinstrumente wurde zurückgestellt, da er im Gegensatz zu weiteren noch von der ESMA zu erarbeitenden Regelungen nicht ab Januar 2018 anzuwenden sein wird
  • Im Rahmen der Verschiebung des Anwendungsbeginns entstand erst kürzlich ein Mandat zur Identifizierung liquider Auftragspakete, die der Handelstransparenz unterliegen

Auf Ebene der Level-3-Maßnahmen arbeitet die ESMA laut Informationen von Frau Ross derzeit aus eigener Initiative an Guidelines zur Zielmarktdefinition. Auch Q&A zum Double Volume Cap, zu systematischen Internalisierern, organisatorischen Anforderungen in der Anlageberatung sowie der Vermarktung spekulativer und riskanter Produkte werden aufbauend auf den von Marktteilnehmern eingereichten Fragen ausgearbeitet. Darüber hinaus plant die ESMA, mit national zuständigen Behörden (National Competent Authorities, NCAs) Workshops durchzuführen und so die einheitliche Umsetzung der Regelungen zu fördern. Über vergleichende Analysen („Peer Reviews“) sollen die Tätigkeiten der NCAs verglichen und dabei gute Handlungspraktiken identifiziert sowie Maßnahmen zur verbreiteten Anwendung dieser Praktiken definiert werden.

Hohe Belastung für Regulatoren und Betroffene

In ihrem darauffolgenden Vortrag betonte auch Frau Roegele die hohe Arbeitslast der ESMA, die sich insbesondere aus der Vielzahl und dem fachlichen Anspruch der von der ESMA zu erstellenden Dokumente ergibt. Besonders großen Aufwand für Regulatoren und Betroffene sehe die BaFin bei 

  • der Übermittlung der Positionsmeldungen,
  • der infolge des neuen Waiver-Regimes vermutlich hohen Anzahl innerhalb kurzer Zeit zu bearbeitender Waiver-Anträge sowie
  • der Erweiterung des Begriffs des Systematischen Initialisierers, welcher zuvor in Deutschland nicht sehr verbreitet war. 

In diesem Zusammenhang waren sich Frau Ross und Frau Roegele einig, dass die unter MiFID II / MiFIR zugenommene „Datenflut“ das Hauptthema der Umsetzung sei. Während Frau Ross stellvertretend für die ESMA die Datenauswertungen als Hauptthema benannte, konkretisierte Frau Roegele dies stellvertretend für die BaFin als die Sammlung und Weitergabe der Daten unter den Berichts- und Aufzeichnungspflichten, welche vermutlich den höchsten Umsetzungsaufwand mit sich bringen würde. Eine große Herausforderung sieht Frau Roegele themenübergreifend in der zunehmenden Zersplitterung des maßgebenden Regelwerks. Waren bisher vor allem das Börsengesetz und das Wertpapierhandelsgesetz für deutsche Kapitalmarktteilnehmer und Institute maßgeblich, so werden in Zukunft immer mehr dieser Vorschriften auf europäischer Ebene zu finden sein.

Nur die Spitze des Eisbergs

In seinem Vortrag zu MiFID II aus Sicht der deutschen Fondsindustrie verglich Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des BVI, die europäische Regulierung mit einem Eisberg. Während die seit 2011 insgesamt 42 für die Fondsbranche relevanten verabschiedeten Level-1-Maßnahmen nur die politische Spitze des Eisbergs sind, werde der unter Wasser weilende, enorme administrative Aufwand der Umsetzung dieser Maßnahmen von der breiten Masse gar nicht wahrgenommen. So wurden seit 2011 für die Fondsbranche 409 relevante Level-2- und 243 relevante Level-3-Maßnahmen verabschiedet, deren Aufarbeitung und Erfüllung laut Richter eine nicht zu unterschätzende Last für betroffene Einheiten darstellen.

Wirksamkeit der Maßnahmen im Kontext des Brexit

Im Kontrast zur Mahnung vor Überregulierung von Herrn Richter stand der darauf folgende Vortrag von Frau Dr. Alexandra Hachmeister, Chief Regulatory Officer bei der Deutschen Börse AG. Sie referierte über den Erfolg von Sicherungsmechanismen zur Wahrung der Finanzstabilität im Kontext des Brexit. Der erfolgreiche Umgang mit der starken Volatilität der Märkte infolge des Brexit sei auch der Regulierung der letzten Jahre zu verdanken, so das Fazit  von Frau Hachmeister. 

Sollte der Brexit Wirklichkeit werden, so würden britische Unternehmen unter das Regime für Drittlandfirmen fallen, welches ein Passporting erforderlich mache. Die MiFID beinhaltet Regelungen dazu und ermöglicht sogar die Einräumung von Übergangszeiträumen, was vor dem Hintergrund des möglichen Brexit nun stark an Bedeutung gewinne. Frau Hachmeister mahnte jedoch auch vor einer Überregulierung. Im Bereich der Markteffizienz würde die in der MiFID II festgeschriebene verstärkte Pflicht zum Market Making die Liquidität der Märkte einschränken und damit in einem Zielkonflikt zur Wachstumsagenda der Kapitalmarktunion stehen.

Weitere Informationen zu MiFID II / MiFIR auf Regupedia

Eine grundlegende Analyse des Maßnahmenpakets erhalten Kunden von Regupedia in unserem Whitepaper „MiFID II / MiFIR: Die Neuregelung des Anlegerschutzes und der Marktorganisation in Europa“. Weiterführende Informationen zu ausgewählten Level-2- und Level-3-Maßnahmen sind in den beiden Annexen zum Whitepaper zu finden, welche nach Regelungen zum Anlegerschutz und zur Marktorganisation aufgeteilt sind.

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