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Gepostet am 09. April 2021 von  Marius Tippmann, Consultant bei ORO Services und Alexandros Charalampidis, Consultant bei ORO Services

Solvency-II-Review: Evolution oder Revolution?

Es war klar, dass die Regelungen der Solvency-II-Richtlinie noch einmal überarbeitet werden müssen. Im Juli 2020 veröffentlichte die Europäische Kommission ein Konsultationsdokument, in dem sie eben diesen Aufsichtsrahmen für Versicherer und Rückversicherer auf den Prüfstand stellte. Bereits ein Jahr zuvor begann der Review-Prozess.

Der Review-Werdegang

Alles begann mit einem Aufruf der EU-Kommission an die EIOPA zur Abgabe von technischen Ratschlägen zu der Überprüfung der Solvency-II-Richtlinie. Diesem Aufruf folgte die EIOPA, indem sie Mitte Juli 2019 Konsultationen startete. Mit den vorgeschlagenen Änderungen verfolgte die europäische Versicherungsaufsichtsbehörde den Ansatz „Evolution statt Revolution“, weshalb die Maßnahmen darauf abzielten, das bestehende Regime mit ausgewogenen Aktualisierungen zweckmäßig zu halten. Parallel zur Konsultation der EIOPA holte sich die EU-Kommission ebenfalls Feedback ein.

Inhalte der Reform

Die Solvency-Richtlinie selbst schreibt vor, dass bestimmte Themenbereiche des Rechtsakts überprüft und ggf. überarbeitet werden sollen. Diese sind insbesondere:

  • Maßnahmen für langfristige Garantien (LTG) und Maßnahmen zum Eigenkapitalrisiko (gem. Art. 77 ff. Solvency II);
  • Methoden, Annahmen und Standardparameter, die bei der Berechnung der Standardformel für die Solvenzkapitalanforderung verwendet werden (Art. 111 Abs. 3 Solvency II);
  • Regeln und Praktiken der Aufsichtsbehörden zu der Anwendung von Art. 129 zur Berechnung der Mindestkapitalanforderungen;
  • die Aufsicht über Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen einer Gruppe (Art. 242 Abs. 2 Solvency II) sowie weitere Punkte im Zusammenhang mit der Aufsicht über Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen.

Weiterhin identifizierte auch die EU-Kommission zusätzliche Bereiche, welche die EIOPA in ihren technischen Ratschlägen berücksichtigen sollten.  Parallel zur Aufsichtsbehörde sammelte auch sie Feedback zu ihrer eigens gestarteten Konsultation, deren Ergebnisse gemeinsam in den Review-Prozess einfließen.

Ein Schritt in die richtige Richtung

Nach Ansicht der Insurance Europe (IE) verpassen die technischen Ratschläge der EIOPA die Gelegenheit, die bestehenden Mängel im Solvency II-Rahmenwerk angemessen zu beheben, insbesondere im Hinblick auf die von der EU gesetzten Ziele im Rahmen des Green Deal und der Kapitalmarktunion. Die Änderungsvorschläge der EIOPA würden sogar die Risikotragfähigkeit der Versicherungswirtschaft verringern und die Volatilität erhöhen, wodurch die Stabilität des Systems gefährdet werden könnte.

Die von der EIOPA vorgeschlagenen Regelungen zur aufsichtsrechtlichen Berichterstattung und der öffentlichen Bekanntmachung sieht etwa der GDV hingegen als Schritt in die richtige Richtung. Bereits vor dem Beginn der Konsultation hat sich die Versicherungsbranche verstärkt für eine klare Stärkung der Adressatenorientierung in der Berichterstattung eingesetzt, denn in der Vergangenheit zeigte sich bereits, dass die Berichte über die Finanz- und Solvenzlage (SFCR) nicht zielführend sind. Der Vorschlag der EIOPA sah vor, die bisherigen Berichtsstrukturen weiter aufzuteilen. Dies würde jedoch die Vergleichbarkeit der Berichte erschweren und nicht zur Markttransparenz beitragen.

Es bleibt abzuwarten wie stark die reformierte Richtlinie die Tätigkeit der Versicherer in Europa verändern wird. Darüber wird frühestens der erste Richtlinienentwurf aufklären können. Nach aktuellem Stand sind die Ansätze der EIOPA und der EU-Kommission zwar ein Schritt in die richtige Richtung, ob es der richtige Weg ist, wird sich allerdings noch zeigen.

Update:

Die EU-Kommission plant die Veröffentlichung eines Richtlinienvorschlags zum Review der Solvency II für Juli 2021.

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