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Gepostet am 05. März 2021 von  Katrin Jastrau, Managerin bei ORO Services GmbH in Regularien

MiFID II Quick Fix: Schnellreparatur auf EU-Ebene

Keine große Reform, aber ein Schritt in die richtige Richtung: Die Überarbeitung der Finanzmarktrichtlinie MiFID II bringt einige Erleichterungen für Wertpapierfirmen, professionelle Kunden und geeignete Gegenparteien. Eine umfassende Überarbeitung plant die EU-Kommission aber erst zur Jahresmitte.

Vor knapp sieben Monaten hat die EU-Kommission ihren Richtlinienentwurf zur Änderung der Finanzmarktrichtlinie MiFID II im Hinblick auf Informationspflichten, Produktüberwachung und Positionslimits veröffentlicht. Seit dem 27. Februar 2021 ist die Richtlinie - der sog. Quick Fix - in Kraft, bis zum 28. November dieses Jahres müssen die Mitgliedstaaten die neuen Vorgaben im nationalen Recht verankert haben. Ziel der Regulatoren ist es, die wirtschaftlichen Turbulenzen im Zuge der COVID-19-Pandemie abzufedern, indem sie Verwaltungsaufwände reduzieren und gewisse Erleichterungen für die Branche einführen. 

Bürokratieabbau entlastet Marktteilnehmer

Im Wesentlichen beziehen sich die neu eingeführten Erleichterungen auf bestehende Informations- und Organisationspflichten, aber auch auf die Anforderungen an den Derivatehandel. Doch wie sehen diese genau aus?

Wichtige Erkenntnisse im Vorfeld lieferte die zwischen Februar und April 2020 durchgeführte Konsultation zur Review des MiFID / MiFID-Regelwerkes. Daraus ging beispielsweise hervor, dass professionelle Kunden und geeignete Gegenparteien keine standardisierten Kosteninformationen benötigen, da sie die erforderlichen Informationen bereits während der Verhandlung mit ihrem Dienstleister erhalten. Daher werden diese nun von den Pflichten zur Offenlegung von Kosten und Nebenkosten ausgenommen – es sei denn, es handelt sich um Dienstleistungen in den Bereichen Anlageberatung und Portfolioverwaltung. 

Verzicht auf umfassende Berichte

Auf Seiten der Wertpapierfirmen entfallen künftig die obligatorischen Serviceberichte, die diese regelmäßig oder beim Eintreten bestimmter Ereignisse liefern müssen. Auch hier hat die Kommission festgestellt, dass weder Wertpapierfirmen noch ihre professionellen Kunden diese Serviceberichte als nützlich erachten, geschweige denn überhaupt lesen. Professionelle Kunden haben aber weiter die Wahl und können sich künftig trotzdem noch für den Erhalt dieser Berichte entscheiden. 

Handelsplätze, systematische Internalisierer und andere Ausführungsplätze dürfen vorübergehend ihre technischen Berichte einstellen, die große Mengen an detaillierten quantitativen Informationen zum Handelsplatz, dem Finanzinstrument, dem Kurs oder den Kosten enthalten. Zugriffszahlen auf den entsprechenden Websites belegen, dass diese ebenfalls selten gelesen werden. 

Digitalisierung macht Papierform überflüssig

Eine grundlegende Neuerung ist sicher die Tatsache, dass Anlageinformationen nicht mehr in Papierform bereitgestellt werden müssen, sondern standardmäßig in elektronischer Form übermittelt werden. Unter Berücksichtigung der zunehmenden Digitalisierung und im Sinne der Nachhaltigkeit war diese Erleichterung längst überfällig. Nichtsdestotrotz haben Kleinanleger die Möglichkeit, diese Informationen auf Wunsch weiterhin in Papierform zu erhalten.

Für den europäischen Gesetzgeber besteht kein Zweifel daran, dass die Emission von Anleihen für die Kapitalbeschaffung und die Überwindung der COVID-19-Krise entscheidend ist. Da Produktüberwachungspflichten allerdings zu Einschränkungen im Verkauf von Anleihen führen können, werden diese nun gelockert. Anleihen mit sogenannten „make-whole-Klausel“ gelten weithin als sichere Produkte, da sie den Anleger im Falle ihrer vorzeitigen Rückzahlung vor Verlusten schützen, und werden daher künftig von Produktüberwachungspflichten ausgenommen. Das gilt auch für Finanzinstrumente, die nur gegenüber geeigneten Gegenparteien vertrieben werden.

Da sich herausgestellt hat, dass sich das Positionslimit-Regime nachteilig auf die Entwicklung neuer Warenmärkte auswirkt, sollen Positionslimits nur für signifikante oder kritische Warenderivate gelten, die an Handelsplätzen gehandelt werden. Ausgenommen hiervon sind Derivate auf landwirtschaftliche Erzeugnisse. Darüber hinaus sollen Warenzertifikate generell von der Anwendung von Positionslimits und Meldepflichten ausgenommen werden.

Reformbedarf bleibt bestehen

Alles in allem ist der Quick Fix ein erster Erfolg für die Branche, auch wenn Kleinanleger nur teilweise davon profitieren. Viele Themen, wie z. B. die Aufzeichnungspflicht oder die Flexibilität bei den Kundenkategorien, hat die Kommission bei der Anpassung der Richtlinie nicht berücksichtigt. Man darf also gespannt sein, welche Vorschläge die EU-Kommission im Rahmen der angekündigten „großen“ Review im Laufe des Jahres auf den Tisch legt. 

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