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Gepostet am 09. Februar 2016 von  Dr. Martin Rohmann, Geschäftsführer von ORO Services in Compliance/Riskmanagement

Marktrisiken: Fundamentale Änderungen mit weitreichenden Folgen

Der Basler Ausschuss hat im Januar sein finales Dokument zum "Fundamental Review of the Trading Book" mit dem Titel "Minimum requirements for market risk" veröffentlicht. Die Umsetzung in nationales Recht soll bis Januar 2019 erfolgen, die Implementierung in den Banken ist für Ende 2019 vorgesehen. Das finale Regelwerk enthält weitreichende Änderungen in drei Regelungsbereichen:

  • Abgrenzung des Handelsbuches 
  • Standardansatz für Marktpreisrisiken
  • Interne Modelle für Marktpreisrisiken.

Abgrenzung zwischen Handelsbuch und Bankbuch

Die neuen Regelungen zur Definition des Handelsbuches sind wesentlich restriktiver als die bestehenden. So soll Arbitrage zwischen Bank- und Handelsbuch verhindert werden. Die zwingende Zuordnung zum Handels- bzw. Bankbuch wird durch eine Liste explizit genannter Geschäftsarten oder, wenn ein bestimmter Haltegrund gegeben ist, festgelegt. Jede Abweichung von den Vorgaben ist explizit durch die Aufsicht zu genehmigen, die sich vorbehält, die Umwidmung einzelner Positionen anzuordnen.

Umwidmungen seitens der Bank zwischen Bank- und Handelsbuch sind stark limitiert und müssen klar definierten Regeln folgen. In den seltenen Fällen, wo dies zulässig ist, verhindert ein zusätzlicher Eigenkapitalzuschlag in Säule 1 eine Reduktion der erforderlichen Eigenmittelunterlegung. Die Regelungen beinhalten auch detaillierte Berichtsanforderungen, u.a. zur gewählten Abgrenzung zwischen Handels- und Bankbuch sowie zu internen Handelslimits.

Die neuen Vorgaben für die Handelsbuchabgrenzung sind auch für sogenannte Nicht-Handelsbuchinstitute von großer Bedeutung, da nicht auszuschließen ist, dass sie zukünftig ein Handelsbuch führen müssen. Damit wären große organisatorische und prozessuale Herausforderungen verbunden.

Standardansatz

Die vorgeschlagenen Revisionen des Standardansatzes verfolgen verschiedene Zielsetzungen: 

  • Ermittlung der Eigenkapitalanforderungen für Banken, deren Level an Handelsaktivitäten keine fortgeschrittenen Methoden erfordert
  • Fallback, falls interne Modelle einer Bank inadäquat sind - Untergrenze (Floor) für den Ansatz für interne Modelle
  • Ermöglichung einer konsistenten und vergleichbaren Berichterstattung über Banken und Rechtsräume hinweg
  • Ermittlung der Eigenkapitalanforderungen für Verbriefungen im Handelsbuch, die vollständig aus dem Ansatz für interne Modelle herausgenommen wurden.

Die Kalibrierung des Standardansatzes wird in den meisten Fällen zu einem erheblichen Anstieg der Eigenkapitalanforderungen führen. Für Banken ergibt sich eine deutlich höhere Umsetzungskomplexität, die nicht nur kleinere Nichthandelsbuchinstitute betrifft, sondern alle Banken, da zukünftig eine Parallelrechnung des Standardansatzes für alle Positionen durchgeführt werden muss. Die Reduzierung der Eigenkapitalanforderungen durch die Anwendung interner Modelle ist durch die (noch zu kalibrierende) Floor-Regelung auf Basis des Standardansatzes zukünftig beschränkt.

Ansatz für interne Modelle

Die wesentlichen Änderungen beziehen sich auf

  • die Ablösung von VaR und Stress-VaR durch den Expected Shortfall (ES). Zur Berücksichtigung der Markt-Liquidität werden variierende Haltedauern eingeführt.
  • den verschärften Genehmigungsprozess für interne Modelle. Insbesondere werden interne Modelle auf dem Level eines Handelstisches angewendet, genehmigt oder auch Genehmigungen entzogen. Die Modell-Validierung erfolgt auf Ebene des Handelstisches.
  • zusätzliche Beschränkungen der Anerkennung von Hedging und Diversifikation.

Was bedeutet dies für Banken?

Der Basler Ausschuss hat nicht unbegründet von einem "fundamental review" gesprochen. Die vom Basler Ausschuss im Jahr 2015 durchgeführte Auswirkungsstudie kommt insgesamt zu einem durchschnittlichen Anstieg von ca. 40% der Eigenmittanforderungen. In Einzelfällen können sich jedoch in Abhängigkeit der Portfoliozusammensetzung und des gewählten Ansatzes auch deutlich höhere Zuwächse ergeben.

Für große Banken, die ein aufsichtsrechtlich abgenommenes internes Modell zur Messung von Marktrisiken verwenden, kommt es nach der Auswirkungsstudie auf Basis der aktuellen Zusammensetzung ihres Portfolios für den Median zu einer 28-prozentigen Steigerung der RWA-Anforderungen für das Handelsbuch. Für Banken im Standardansatz steigt der Wert sogar um 80 Prozent (ohne Verbriefungen). Das Handelsgeschäft wird damit über alle Produktkategorien hinweg deutlich kapitalintensiver.

Banken mit großen Handelsbüchern müssen also mit erheblichen Auswirkungen auf die Eigenkapitalanforderungen rechnen und natürlich mit erheblichem Aufwand für die Anpassung der internen Modelle sowie der Umsetzung und Parallelrechnung des Standardansatzes. Aber auch kleinere Banken sollten den Standard frühzeitig prüfen - die Auswirkungen auf Eigenkapitalanforderungen, Geschäftssteuerung und Geschäftsmodell können erheblich sein.

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