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Gepostet am 14. September 2023 von  Matthias Gölz, Senior Manager bei Severn Consultancy 🕐 4 min Lesezeit

Digitaler Euro – was wird aus Bar- und Giralgeld?

Der erste Schritt zur Einführung eines digitalen Euros wurde im Juni 2023, mit der Veröffentlichung zweier Vorschläge durch die Europäische Kommission gemacht.

Überblick

Mit der Veröffentlichung der Vorschläge soll es sich nach dem aktuellen Vorschlag um Zentralbankgeld handeln, das eine direkte Verbindlichkeit der Europäische Zentralbank (EZB) gegenüber den Nutzern darstellt und durch Geschäftsbanken und Zahlungsdienstleister verteilt wird. Die EU-Kommission schlägt vor, den digitalen Euro neben dem Bargeld zu einem gesetzlichen Zahlungsmittel zu machen und damit das Bargeld sowie das Giral-geld zu ergänzen.

Notwendigkeit eines digitalen Euros?

Das Bargeld ist mit einem Anteil von 58 % an den Gesamttransaktionen immer noch das am häufigsten benutzte Zahlungsmittel[1] in Deutschland, allerdings findet seit mehreren Jahren eine Kehrtwende zu bargeldlosen Zahlungen statt. So ist der Anteil an bargeldlosen Zahlungen seit 2017 um 16 % gestiegen. Nicht nur der wachsende Anteil von bargeldlosen Zahlungen spielt eine Rolle in den Überlegungen zum digitalen Euro, sondern auch der Trend zur Nutzung von Kryptowährungen (z.B. Bitcoin) ist ein wesentlicher Faktor und Treiber für Zentralbanken, zur Einführung einer digitalen Abbildung ihrer eigenen Währung. So arbeiten bereits mehr als 100 Zentralbanken und Regierungen (u.a. USA, Großbritannien, China) an der Entwicklung einer CBDC und sind teilweise auch schon weiter fortgeschritten als die EU und EZB. Die EU kann sich daher diesem Trend nicht verschließen, wenn der Euro auch in Zukunft als relevante Währung wahrgenommen werden soll.

[1] Quelle: Deutsche Bundesbank „Zahlungsverhalten in Deutschland 2021“

Akzeptanz des digitalen Euros:

Der Digitalverband Bitkom hat in einer repräsentativen Umfrage durch die Bitkom Research herausgefunden, dass eine deutliche Mehrheit von Banken und Finanzdiensteistern (Abbildung 1) sowie Unternehmen mit mehr als 50 Arbeitnehmern (Abbildung 2) die Einführung eines digitalen Euro befürworten.

Was sind die Rahmenbedingungen?

Der Entwurf der EU-Kommission sieht vor, dass der digitale Euro kostenlos durch Banken und Zahlungsdienstleister bereitgestellt wird, der Nutzer den digitalen Euro in einer Wallet hat und eine Annahmepflicht (Ausnahmen in Artikel 9 zur Einführung des digitalen Euro) besteht. Die Kosten für Händler und Unternehmen sollen dabei vergleichbar mit den aktuellen Kosten für Kartenzahlungen sein.

Zwar enthält der Entwurf noch keinen genauen Betrag, jedoch soll die EZB ermächtigt werden, eine nutzerbezogene Obergrenze des Verfügungsrahmens festzulegen. Mit einer solchen Obergrenze soll die Finanzstabilität sichergestellt und ein übermäßiger Abzug von Einlagen bei Geschäftsbanken verhindert werden. Bei der Erstellung der Rahmbedingungen hat die EU-Kommission besonderes Augenmerk auf den Schutz der Privatsphäre sowie auf den Datenschutz gelegt. So soll nach dem Willen der Kommission sowohl eine Offline- als auch eine Online-Version des digitalen Euro genutzt werden können.

Die Offline-Version des digitalen Euro soll dabei so ausgestaltet sein, dass eine Geräte-zu-Geräte-Übertragung ohne eine Internetverbindung möglich ist. Dadurch sollen Zahlungen genauso anonym stattfinden können wie bisherige Bargeldzahlungen und Bargeldabhebungen am Geldautomaten. Wohingegen die Online-Version nicht nur höchsten Datenschutzanforderungen genügen, sondern auch einen hohen Schutz der Privatsphäre gewährleisten soll. Der notwendige Datenaustausch soll sich auf dem bisherigen Niveau von Kartenzahlungen bewegen.

Wie steht der digitale Euro zu anderen Zahlungsmitteln?

Die Vorschläge der EU-Kommission sehen vor, dass der digitale Euro das aktuelle Angebot an gesetzlichen Zahlungsmitteln (Bargeld) und Giralgeld ergänzen soll. Das wird zum einen dadurch zum Ausdruck gebracht, dass das Bargeld mit dem zweiten Entwurf explizit gestärkt werden soll und zum anderen das wesentliche Eigenschaften des Giralgeldes (z.B. Verzinsung, Kreditkartenfunktion) beim digitalen Euro nicht vorgesehen sind. Ebenfalls können teure Einkäufe durch die geplante Verfügungsobergrenze (diskutiert wurden zuletzt EUR 5.000 pro Monat) nicht mit dem digitalen Euro getätigt werden.

Mit der Einführung des digitalen Euro haben Nutzer:innen demnach eine vielfältigere Auswahl an Bezahlmöglichkeiten:

 

Der digitale Euro kann seinen vollen Nutzen bei automatischen Zahlungsvorgängen, wie er z.B. bei Smart Contracts vorgesehen ist, richtig zeigen und bekannten Kryptowährungen den Rang ablaufen. Unternehmen und Geschäftspartner können den programmierbaren Euro in ihre Verträge einbinden und diese bei Erfüllung vordefinierter Bedingungen zur Zahlung ausführen lassen. Bisher war dies nur mit Kryptowährungen möglich, die jedoch einer erheblichen Kursschwankung unterliegen. Der digitale Euro hingegen soll einen 1:1 Kurs zum realen Euro haben.

Die Zukunft des digitalen Euro:

Der EZB-Rat wird vermutlich im Oktober 2023 eine Entscheidung treffen, ob und wie es mit dem digitalen Euro weitergehen wird. Im Anschluss daran wird es eine Vorbereitungsphase zur Einführung des digitalen Euro geben. Bis der digitale Euro jedoch tatsächlich im Umlauf sein wird, wird es vermutlich noch zwei bis drei Jahre dauern. Im Anschluss werden dann weitere Konkretisierungen durch EBA und EZB erwartet.

Meines Erachtens kann und muss sich die EZB für eine Entwicklung und Einführung eines digitalen Euro entscheiden, um nicht in der sich stetig weiter fortschreitenden Digitalisierung, Vernetzung und Entwicklung von Web 3.0 ins Hintertreffen zu geraten. Ein Verlust an Bedeutung der europäischen Gemeinschaftswährung im Vergleich zu anderen Weltwährungen, aber auch im Vergleich zu neu auftretenden Digitalwährungen, kann und darf sich die EU nicht leisten.

Unsere Regulatorik- und IT-Experten von Severn unterstützen Sie gerne. Gerne steht Ihnen Matthias Gölz für eine erste Kontaktaufnahme und Fragen zur Verfügung. 


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