Gepostet am 25. November 2024 von
Die Nachvollziehbarkeit der Zahlungskette bei elektronischen Transfers wird aktuell durch die Verordnung (EU) 2015/847 (Geldtransferverordnug - GTVO) innerhalb der EU geregelt. Der Anwendungsbereich dieser Verordnung erstreckt sich jedoch lediglich auf Geldtransfers. Die Geldtransferverordnung wurde erlassen, um sicherzustellen, dass die Anforderungen der Financial Action Task Force (FATF) an Dienstleister im Bereich des elektronischen Zahlungsverkehrs und insbesondere die Verpflichtung für Zahlungsdienstleister, bei Geldtransfers Angaben zum Zahler und zum Zahlungsempfänger zu übermitteln, in der gesamten Union einheitlich angewandt werden. Konkret wird mit der GTVO die Empfehlung 16 der FATF-Standards - auch bekannt als „Travel Rule“, da die Informationen über den Auftraggeber und den Begünstigten beim elektronischen Zahlungsverkehr „mitreisen“ - innerhalb der EU umgesetzt.
Die im Juni 2019 vorgenommen Änderungen der FATF-Standards zu neuen Technologien, im Speziellen die Empfehlung 15 der FATF-Standards, deren Ziel in der Regulierung von virtuellen Vermögenswerten und Anbietern von Dienstleistungen für virtuelle Vermögenswerte bestand, sehen neue und ähnliche Pflichten für Anbieter von Dienstleistungen für virtuelle Vermögenswerte vor, mit denen die Rückverfolgbarkeit von Transfers virtueller Vermögenswerte erleichtert und sichergestellt werden soll. Aufgrund dieser Empfehlung 15 zu neuen Technologien ist die Empfehlung 16 zum elektronischen Zahlungsverkehr (Travel Rule) im neuen Licht zu betrachten und die Anforderungen der Empfehlung 16 sind nun auch bei Transfers mit virtuellen Vermögenswerten und Kryptowerten einzuhalten.
Da die bestehende GTVO nur für Transfers von Geldbeträgen, also Banknoten und Münzen, Giralgeld und E-Geld gilt, wird mit der Neufassung der GTVO - der „Verordnung (EU) 2023/1113 - über die Übermittlung von Angaben bei Geldtransfers und Transfers bestimmter Kryptowerte und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849“, der Anwendungsbereich der GTVO auf Transfers von Kryptowerten erweitert. Sie ist am 29. Juni 2023 in Kraft getreten und gilt ab dem 30. Dezember 2024. Nach der Verordnung (EU) 2023/1113 müssen Anbieter von Dienstleistungen für virtuelle Vermögenswerte bei Transfers virtueller Vermögenswerte Angaben zu den Auftraggebern und Begünstigten dieser Transfers einholen, aufbewahren, an die Gegenpartei übermitteln und auf Anfrage den zuständigen Behörden zur Verfügung stellen. Insgesamt werden die Pflichten der Zahlungsdienstleister, die bei Geldtransfers aufseiten des Zahlers oder Empfängers bestehen, bei Kryptowertetransfers für die Anbieter von Krypto-Dienstleistungen nach MiCAR (Crypto Asset Service Providers - CASPs) aufseiten des Originators (Auftraggeber des Krypto-Transfers) und des Begünstigten grundlegend übernommen.
Die Verordnung (EU) 2023/1113 (neugefasste GTVO) stellt nach MiCAR (Regulation on Markets in Crypto Assets) den nächsten großen Schritt hin zu einer einheitlichen und umfassenden europäischen Regulierung von Kryptowerten dar. Die Begriffsbestimmungen der neugefassten GTVO orientieren sich stark an der MiCAR und beide Verordnungen sind ab dem 30. Dezember 2024 anzuwenden.
Die Neufassung der GTVO beinhaltet folgende wesentliche neue Regelungen:
Der Anbieter von Krypto-Dienstleistungen des Originators:
stellt sicher, dass bei Transfers Angaben zum Originator und zum Begünstigten übermittelt werden, darunter die Namen, die Distributed-Ledger-Adresse und die Kontonummer des Kryptowertekontos;
prüft die Richtigkeit der Angaben;
stellt bei Transfers von über 1 000 EUR fest, ob eine selbst gehostete Adresse im Eigentum oder unter der Kontrolle des Originators steht
Der Anbieter von Krypto-Dienstleistungen des Begünstigten:
prüft, dass die Angaben zum Originator und zum Begünstigten in dem Transfer oder dem Sammeltransfer von Kryptowerten enthalten sind oder im Anschluss übermittelt werden;
stellt im Falle von Kryptowertetransfers von einer selbst gehosteten Adresse sicher, dass der Transfer individuell identifizierbar ist;
prüft bei allen Transfers von einer selbst gehosteten Adresse, deren Betrag 1 000 EUR übersteigt, ob diese Adresse im Eigentum oder unter der Kontrolle des Begünstigten steht;
prüft die Richtigkeit der Angaben zum Begünstigten, bevor die Kryptowerte zur Verfügung gestellt werden;
kann der Dienstleister bei fehlender oder unvollständiger Datenübermittlung risikobasiert entweder die Transaktion durchführen, ablehnen oder aussetzen. Wird die Transaktion nicht abgelehnt, sind die fehlenden Angaben nachzufordern, bevor die transferierten Werte dem Begünstigten zur Verfügung gestellt werden.
verwarnt einen Krypto-Dienstleister, wenn wiederholt versäumt wird, die vorgeschriebenen Angaben vorzulegen, bevor Transfers von diesem Dienstleister zurückgewiesen, die Geschäftsbeziehung beschränkt oder beendet und die für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständigen Behörden informiert werden
Organisatorische Pflichten der Krypto-Dienstleister:
verfügen über interne Strategien, Verfahren und Kontrollen, die die Umsetzung von EU- und nationalen Vorschriften bei der Durchführung von Geldtransfers und Transfers von Kryptowerten sicherstellen;
beantworten vollständig und unverzüglich Anfragen der für die Verhinderung und die Bekämpfung von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung zuständigen Behörden;
bewahren Angaben zum Originator/Begünstigten für fünf Jahre auf, mit einer möglichen Verlängerung um fünf Jahre, wenn ein Mitgliedstaat der EU dies beschließt.
In Deutschland werden die Empfehlungen 15 und 16 der FATF-Standards im Hinblick auf Kryptowertetransfers durch die nationale Kryptowertetransferverordnung (KryptoTransferV) umgesetzt, die bereits im Oktober 2021 erstmalig in Kraft getreten ist. Die KryptoTransferV war schon bei ihrer Entstehung als Übergangslösung gedacht bis die Neufassung der GTVO rechtlich bindend wird. Dementsprechend werden die KryptoTransferV zum Anwendungszeitpunkt der Neufassung der GTVO sowie die aktuell geltende Fassung der GTVO am 30. Dezember 2024 außer Kraft treten. Wesentliche Unterschiede zwischen der KryptoTransferV und der neugefassten GTVO ergeben sich in erster Linie im Hinblick auf die Begriffsbestimmungen in den Regularien. Während die KryptoTransferV Begriffsbestimmungen aus nationalen Regularien verwendet, wie aus dem Kreditwesengesetz oder dem Geldwäschegesetz, verweist die Neufassung der GTVO auf die Begriffsbestimmungen der europäischen Verordnung MiCAR. Anders als die KryptoTransferV, welche Übergangsbestimmungen enthielt und so den relevanten Unternehmen Befreiungsmöglichkeiten von den Pflichten der KryptoTransferV anbot, verzichtet die Neufassung der GTVO auf solche Befreiungen. Zudem entfallen mit der Neufassung der GTVO die durch die KryptoTransferV bestehenden Erleichterungen bei Transfers mit einem Gegenwert von kleiner als 1.000 € hinsichtlich Umfang der zu übermittelnden Daten und Prüfung der Daten auf Richtigkeit.
Die Verordnung (EU) 2023/1113, die Neufassung der GTVO, ist ein großer Schritt zur Regulierung des Kryptowertemarktes in der EU. Durch die Einführung von Transparenz- und Identifizierungsanforderungen, erstmalig auch für Kryptowertetransfers, trägt sie dazu bei, das Risiko von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung durch einheitliche Regelungen innerhalb der EU zu mindern und das Vertrauen in Kryptowerte zu stärken. Anbieter von Krypto-Dienstleistungen müssen zur Einhaltung dieser Verordnung über entsprechende interne Strategien, Verfahren und Kontrollen verfügen. Die Europäische Bankenaufsicht EBA hat in diesem Zusammenhang Leitlinien (Leitlinien zur Transferregelung) veröffentlicht, die die vorgenannten organisatorischen Vorgaben präzisieren und so den relevanten Unternehmen eine praktische Unterstützung zur Umsetzung bieten.