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Gepostet am 05. Januar 2016 von  Dr. Martin Rohmann, Geschäftsführer von ORO Services in Regularien

Bankenregulierung stellt Geschäftsmodelle in Frage

Bankenregulierung: Anpassung an den neuen Normalzustand

Fast täglich erleben wir, wie die Regulierungsflut die Banken vor massive Herausforderungen stellt. Und es besteht aktuell kein Anlass anzunehmen, diese Flut würde bald abebben. Der Fokus neuer Regulierungsinitiativen wird sich naturgemäß verschieben: Neben der Überprüfung interner Modelle und der Überarbeitung der Standardansätze nach Basel IV werden zunehmend Aspekte wie Governance und Digitalisierung, die Regulierung der Schattenbanken und die Harmonisierung bestehender Regulierungsstandards stärker in den Fokus rücken.

Dabei sind schon bei den derzeit anstehenden Initiativen die Auswirkungen in vielen Fällen noch unklar. Die Folgen der geplanten Einschränkungen bei Risikomodellen oder die Kalibrierung des neuen Standardansatzes für Kreditrisiken können momentan nur vage geschätzt werden und werden die Eigenmittelanforderungen voraussichtlich, je nach Geschäftsmodell, erheblich erhöhen. Gleiches gilt für Handelsgeschäfte als Konsequenz aus dem "Fundamental Review of the Trading Book".

Änderungen für Zinsrisiken im Bankbuch (Interest Rate in the Banking Book) werden vor allem das langfristige Kreditgeschäft potenziell beeinträchtigen. Dieses gerade in Deutschland so wichtige Geschäftsfeld ist gleich von mehreren Entwicklungen betroffen. So werden die potenziell höheren Anforderungen an Risikovorsorgen für langfristige Geschäfte gemäß IFRS 9 ebenso wie die NSFR (Net Stable Funding Ratio) oder der neue Kreditrisikostandardansatz dieses Geschäftsfeld vermutlich belasten und unattraktiver machen. Weitere Themen, deren Auswirkungen noch nicht abschließend bewertet werden können, sind die anstehende Eigenmittelunterlegung von Staatsanleihen sowie die Auswirkungen der BRRD bzw. der TLAC-Anforderungen.

Bezogen auf das Themenfeld der internen Kontrollen und der Governance hat sich der Schwerpunkt schon bisher stark in Richtung der persönlichen Haftung und der Strafen für Kontrollschwächen verschoben. Dieser Fokus wird sich erwartungsgemäß weiter hin zu einer adäquaten Risikokultur und Governance verschieben. Insgesamt wird sich das Risikomanagement von der Modellfokussierung zum Management operationaler Risiken sowie Compliance und Conduct Risk entwickeln.

Um die zunehmend zahlenbasierte Aufsicht zu unterstützen und die Wirkung makroprudentieller Maßnahmen zu überwachen, stellt die Bankenaufsicht zunehmend höhere Datenanforderungen, wie sie z.B. für das geplante zentrale europäischen Kreditregister (AnaCredit) angefordert werden. Diese zusammen mit der einheitlichen Aufsicht im SSM bringt v.a. eine massive Überforderung kleinerer Banken mit sich, deren Geschäftsmodelle dadurch in Frage gestellt werden.

Last but not least haben Regulierungen mit dem Ziel des Anlegerschutzes oder der Stärkung des Kapitalmarktes wie MiFID II bzw. das Trennbankengesetz direkte Auswirkungen auf Geschäftsmodelle. Dazu gehören beispielsweise die Notwendigkeit zur Neudefinition der Strategie im Wertpapiergeschäft sowie der Wegfall von Ertragsquellen bei MiFID II oder die Trennung von risikobehaftetem Handelsgeschäft und dem Retail Banking.

Regulierung als Treiber der Konsolidierung im Finanzmarkt

Vor allem internationale tätige Banken sehen sich komplexen, fragmentierten und teils überlappenden Regulierungen unterschiedlicher Standard-Setzer ausgesetzt. Auch sind die Wechselwirkungen bisher noch wenig analysiert worden. Im Vergleich zu früheren Regulierungsinitiativen wie Basel II sind die Anforderungen heute in der Regel deutlich detaillierter und betreffen wesentlich mehr Aspekte des Bankgeschäftes.

Die Komplexität und Unklarheit der Entwicklung behindert eine eindeutige Analyse der Auswirkungen und somit eine klare Positionierung der Banken. So erschweren etwa die Unsicherheit über die Auswirkungen der noch nicht finalen Arbeiten des Baseler Ausschuss zum "Fundamental Review of the Trading Book", zum neuen Kreditrisikostandardansatz oder der angekündigten Überprüfung interner Modelle für Kreditrisiken eine Mehrjahresplanung und eine abschließende Geschäftsfeldplanung in ganz erheblichem Maße.

Hinzu kommen die hohen Kosten für die Umsetzung regulatorischer Anforderungen, die große Teile verfügbarer Budgets blockieren. Diese können somit nicht für die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen genutzt werden und damit auch die Arbeit an neuen Geschäftsmodellen beeinträchtigen.

Der Einfluss der Regulierung auf neue Wettbewerber wie Fintechs ist nicht eindeutig geklärt. In einigen Bereichen schützt die Regulierung vor diesen neuen Wettbewerbern, die die hohen Aufwände scheuen und sich mit Ihren Angeboten auf nicht regulierte Nischen und Prozesse beschränken. Es ist außerdem zu erwarten, dass die Regulierung zunehmend auch Bereiche der Schattenbanken und Fintechs in den Fokus nehmen wird und so der Nachteil für die Banken zumindest abgemildert wird.

Wie reagieren Banken auf die Entwicklungen?

Die Erhöhungen der Eigenmittelanforderungen führen zwangsläufig dazu, dass Banken ihre Risikopositionen reduzieren. Die Reaktionen der Banken umfassen die konsequente Re-Fokussierung von Geschäftsmodellen, die Verschlankung von Konzernstrukturen und die Aufgabe von Geschäftszweigen und Standorten. Banken ziehen sich z.B. aus Trading Aktivitäten, insbesondere aus illiquiden Produkten, oder aus Außenhandelsfinanzierungen zurück. Zwangsläufig führt dies zu einem Rückgang der Liquidität in den entsprechenden Märkten und erhöht dort die Volatilität, führt aber auch zu Chancen für neue Anbieter.

Der Anpassungsprozess der einzelnen Banken und der gesamten Branche wird sich noch Jahre hinziehen und mindestens diese Dekade kennzeichnen. Es wird noch eine Weile dauern, bis sich die Banken an den durch die Regulierung geschaffenen neuen Normalzustand angepasst und gewöhnt haben. Auf dem Weg dorthin liegen noch erhebliche Herausforderungen, für deren Bewältigung Banken die erforderlichen Management-Kapazitäten und Ressourcen bereithalten müssen, um sich strategisch nachhaltig zu positionieren.

In einer so massiv regulierten Branche benötigen die Bereiche Strategie und das Management mehr denn je umfassende und tagesaktuelle Informationen über regulatorische Anforderungen. Regupedia.de schafft diese Transparenz nicht nur für Fachspezialisten, sondern auch für Vorstände, Aufsichtsräte und Senior Manager.

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