Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat die 8. MaRisk-Novelle veröffentlicht, um die europäischen Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) in nationales Recht zu überführen. Diese Novelle konzentriert sich insbesondere auf die Umsetzung der Anforderungen zu Zinsänderungsrisiken (IRRBB) und Kreditspreadrisiken (CSRBB) im Anlagebuch, die Ende 2023 von der EBA veröffentlicht wurden, sowie auf weitere EBA-Leitlinien.
Hintergrund:
Die MaRisk-Novellen werden jährlich von der BaFin veröffentlicht, um das Risikomanagement von Kreditinstituten an aktuelle Entwicklungen, internationale Standards und aufsichtliche Beobachtungen anzupassen. Ziel ist es, die Stabilität des Finanzsystems durch ein effektives Risikomanagement zu gewährleisten.
Die 8. MaRisk-Novelle stärkt den deutschen Bankensektor durch Integration neuer europäischer Vorgaben und Verbesserung des Risikomanagements. Hauptaspekte sind die Umsetzung der EBA-Leitlinien zu Zinsänderungs- und Kreditspreadrisiken im Anlagebuch sowie die Weiterentwicklung der Risikomanagementprozesse. Zudem werden Anforderungen an Sanierungsplanindikatoren konkretisiert, um eine effektive Krisenplanung zu gewährleisten. Die Novelle berücksichtigt nationale Besonderheiten und die Corona-Krise, um die Widerstandsfähigkeit und Stabilität des Finanzsystems zu sichern. Insgesamt bietet sie ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Risikominimierung und Systemstabilität.
Inhalt:
Die bedeutendsten Änderungen finden sich im Abschnitt BTR 2.3 (Marktpreisrisiken im Anlagebuch) und im neuen Abschnitt BTR 5 (Kreditspreadrisiken im Anlagebuch).
Im BTR 2.3 hat die BaFin die Vorgaben für das Risikomanagement von Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch präzisiert. Es wird nun deutlicher hervorgehoben, dass Kreditinstitute sowohl die kurzfristigen Auswirkungen der Zinsänderungsrisiken auf die Gewinn- und Verlustrechnung (ertragsorientierte Sicht) als auch die langfristigen Folgen dieser Risiken auf ihre Vermögenssituation (Barwert) bewerten und steuern müssen.
Mit dem BTR 5 hat die BaFin ein neues Modul in die MaRisk aufgenommen. Hier werden erstmals allgemeine Anforderungen an das Risikomanagement von Kreditspreadrisiken formuliert. Die BaFin hat Kriterien festgelegt, anhand derer sie beurteilt, wie Institute mit Kreditspreadrisiken im Anlagebuch umgehen. Solche Risiken können entstehen, wenn sich der allgemeine Kreditspread (Risikoaufschlag) eines Finanzinstruments aufgrund veränderter Bonitätserwartungen der Marktteilnehmer erhöht – unabhängig von den Bonitätsveränderungen einzelner Emittenten. Die Institute müssen diese Risiken durch ein zielgerichtetes Risikomanagement kontrollieren.
Präzisierung weiterer Themen
Zusätzlich hat die BaFin einige Themen genauer spezifiziert. Dies betrifft die Module der MaRisk AT 4.2 – Strategien, AT 4.3.3 – Stresstests und AT 7.2 – technisch-organisatorische Ausstattung. Die neuen Anforderungen zu Kreditspreadrisiken im Anlagebuch müssen die Kreditinstitute bis zum 31. Dezember 2024 umsetzen. Da die Ergänzungen zu den Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch lediglich bestehende Regeln präzisieren bzw. ergänzen, sind hierfür keine Umsetzungsfristen vorgesehen. Die Aufsicht wird jedoch mit Augenmaß prüfen, ob die Kreditinstitute die Anforderungen einhalten, und dabei insbesondere das Proportionalitätsprinzip berücksichtigen.
Ein zentraler Bestandteil der Änderungen ist die Integration der Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA). Insbesondere die folgenden fünf EBA-Leitlinien wurden in die MaRisk aufgenommen und prägen die neuen Regelungen maßgeblich:
- EBA-Leitlinien zu Zinsänderungs- und Kreditspreadrisiken im Anlagebuch (EBA/GL/2022/14): Diese Leitlinien fokussieren sich auf die Messung und Steuerung von Zinsänderungsrisiken (IRRBB) und Kreditspreadrisiken (CSRBB) im Anlagebuch. Sie beinhalten die Definition relevanter Produkte, die Berücksichtigung dieser Risiken in der Risikotragfähigkeitsrechnung und die Durchführung von Szenarien und Stresstests.
- EBA-Leitlinien zur internen Governance (EBA/GL/2021/05): Diese Leitlinien legen Standards für die interne Governance von Kreditinstituten fest, einschließlich der Anforderungen an die Organisation, Managementkontrollen und internen Berichtspflichten. Ziel ist es, eine solide und effektive Governance-Struktur zu gewährleisten, die Risiken angemessen managt und kontrolliert.
- EBA-Leitlinien zur Kreditvergabe und -überwachung (EBA/GL/2020/06): Diese Leitlinien bieten Rahmenbedingungen für die Kreditvergabe und -überwachung, um sicherzustellen, dass Kredite verantwortungsvoll vergeben und effektiv überwacht werden. Sie betonen die Wichtigkeit der Kreditwürdigkeitsprüfung und der kontinuierlichen Überwachung von Kreditrisiken.
- EBA-Leitlinien zur Verwaltung von Auslagerungen (EBA/GL/2019/02): Diese Leitlinien adressieren das Management von Risiken im Zusammenhang mit ausgelagerten Aktivitäten und Dienstleistungen. Sie beinhalten Anforderungen an die Due-Diligence-Prüfung, Vertragsgestaltung und die laufende Überwachung von Auslagerungen.
- EBA-Leitlinien für die Überwachung und Governance von Bankprodukten im Privatkundengeschäft (EBA/GL/2015/18): Diese Leitlinien setzen Standards für die Produktüberwachung und -governance im Privatkundengeschäft. Sie umfassen Anforderungen an die Produkttests, Zielmarktbestimmungen und die Informationspflichten gegenüber den Kunden.
Die EU-Verordnung 2022/2554 wird in der neuen MaRisk ebenfalls umfassend berücksichtigt, indem sie Anforderungen an die operationelle Widerstandsfähigkeit digitaler Systeme verstärkt. Dies umfasst unter anderem die Implementierung robuster IT-Sicherheitsmaßnahmen und die regelmäßige Durchführung von Stresstests und Risikoanalysen. Zudem wird die Zusammenarbeit mit Drittanbietern stärker reguliert, um die Sicherheit der gesamten Lieferkette zu gewährleisten. Schließlich fordert diese Verordnung eine verbesserte Meldepflicht bei IT-Vorfällen, was in der neuen MaRisk implementiert wurde, um eine schnelle Reaktion und Schadensbegrenzung zu ermöglichen.
Weiterführende Information:
Eine Vergleichsversion zwischen der 7. und der 8. MaRisk-Novelle finden Sie hier.