Regupedia auf der SIBOS 2015
In der vorletzten Woche haben wir Sie täglich im Rahmen unseres Blogs über die Highlights der diesjährigen SIBOS in Singapur auf dem Laufenden gehalten. Seit 1978 hat sich die SIBOS, veranstaltet von SWIFT, zur wohl weltweit führenden Konferenz im Finanzbereich, mit über 8.200 Teilnehmern in diesem Jahr, entwickelt. Über 164 Veranstaltungen in Form von Diskussionen, Präsentationen und Workshops rund um Themen wie Compliance, Wertpapiergeschäft, Innovation, Informationstechnologie, Zahlungsverkehr, Standards und vieles mehr informierten über den Status Quo, gaben aber insbesondere Hinweise zu Zukunftstrends unter dem Motto: "Connect, Debate, Collaborate".
Im Rahmen von Regupedia haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, nicht nur aktuelle Vorhaben aus dem Bereich der Regulierung aufzugreifen, sondern auch über zukünftige Trends im Finanzbereich zu informieren. Es sind genau diese Trends, die den Regulierungsrahmen und die Standards der Zukunft beeinflussen werden. Blockchain, FinTechs, Digitalisierung, zunehmende Standardisierung, etc. werden Banken und Regulatoren in den nächsten Jahren beschäftigen. Wir haben ausgewählte Veranstaltungen für Sie besucht.
Im Rahmen dieses Newsletters geben wir Ihnen eine Zusammenfassung über die aus unserer Sicht wichtigsten Entwicklungen. Nicht immer besteht dabei ein direkter Bezug zu aktuellen Regulierungen. Trends zu künftigen Regulierungs- und Harmonisierungsbestrebungen lassen sich jedoch aus den Diskussionen ableiten.
Ihr
Michael Luderer
Das Thema "Blockchain" wurde in fast jeder Veranstaltung in irgendeiner Form adressiert. Was Blockchain Technologie jedoch genau ist und wie es die Zukunft prägen wird, war vielen Sprechern und Teilnehmern offensichtlich nicht wirklich klar. Im Zusammenhang mit Bitcoin ist vielen "Blockchain" ein Begriff. Eine Reihe von insbesondere größeren Banken beschäftigt sich intensiv mit dem Thema der Digitalisierung von Verträgen, Transaktionen und Währungen. Konkrete Anwendungen sind - bis auf Cryptocurrencies - nicht konkret in Sicht. Sicher ist: Blockchain kann (!!) zu massiven Effizienzgewinnen führen. Dies gilt auch für das Clearing und Settlement im Wertpapiergeschäft. In dieser Hinsicht ist jedoch die Aussage von Marc Robert-Nicoud, CEO der Clearstream Holding AG, überraschend. Er äußerte starke Zurückhaltung hinsichtlich dieser Technologie und sieht hier eine gewisse Paranoia. Robert-Nicoud ist der Ansicht, dass es noch Jahre dauern könnte, bis sich diese Technologie auf breiter Ebene durchsetzt. Eines ist jedoch sicher: Setzt sich Blockchain durch, kommen auf die Banken massive Veränderungen in den Geschäftsprozessen und der Informationstechnologie zu. Wahrscheinlich zunächst im Zahlungsverkehr. Man behält die Entwicklungen also besser im Auge....
Unter dem Titel "The internet of things" (Internet der Dinge) diskutierten prominente CIOs (Cathy Bessant (Bank of America Merrill Lynch), Patrick Maes (ANZ), Michael Gorriz (Standard Chartered) und Oliver Bussmann (UBS)) über den Einfluss des Internets auf die globale Bankenlandschaft. Das "Internet of things" wird die globale Bankenlandschaft künftig signifikant beeinflussen. Darin waren sich die Experten einig. Insbesondere wird das Internet zunehmend die Beziehungen zu den Kunden beeinflussen. Dafür sind die FinTechs ein wesentlicher Treiber. Während fast alle großen Banken über Innovationsteams verfügen, die zukunftsorientierte Produkte und Services entwickeln und den FinTechs die Stirn bieten sollen, herrscht jedoch ein gewisser Realismus in diesen Organisationen. Gorriz konzediert, dass Innovationen in Banken schwer zu entwickeln seien. Hier zählt der kurzfristige Erfolg. Oft fehlt die Geduld um langfristige Strategien zu verfolgen. Dennoch sieht man die Lage entspannt. Immerhin sei es noch keinem FinTech gelungen, eine Bank komplett zu ersetzen. Zudem verfügen die FinTechs gar nicht über die Verarbeitungskapazitäten für hohe Volumina, über welche die etablierten Banken sehr wohl verfügen. Sicher ist jedoch, dass die Banken ihre technologische Infrastruktur über sogenannte APIs öffnen müssen. Dies sind Schnittstellen, mit denen sich Kunden, direkt oder über FinTechs, mit den Systemen der Banken verbinden können. Dieser Trend des "open computing" wird sich verstärken, ist jedoch, insbesondere auch vor den Hintergrund weltweit unterschiedlicher Standards zum Datenschutz, problematisch.
Die Zusammenarbeit zwischen FinTechs und traditionellen Banken wird als möglicher Lösungsweg gesehen. FinTechs liefern den Komfort, den die Kunden wünschen. Die Banken stellen die Verarbeitungskapazitäten zur Verfügung.
Eine weitere Harmonisierung der Kapitalmärkte ist unausweichlich und erforderlich, um weiteres Wachstum zu gewährleisten. Banken müssen global die gleiche Sprache sprechen und global nach den gleichen Prinzipien arbeiten. Zu dieser Schlussfolgerung kamen Vertreter der Commerzbank, BBH, BNP Securities Services und Euroclear. So weit so gut. Bisher gibt es drei wesentliche Regulierungsräume: Europa, Asien und Nordamerika. Dies ist auch schon das erste Hindernis. Für 45% der Teilnehmer an einer Befragung während der Veranstaltung stellt das Fehlen eines einheitlichen Regulierungsrahmens ein Hindernis zur Harmonisierung dar. Immerhin jeweils 20% nannten unterschiedliche Steuersysteme oder einen nicht wirklich erkennbaren Nutzen als Hinderungsgrund.
Vor einer globalen Regulierung bzw. Harmonisierung stehen jedoch entsprechende regionale Bestrebungen. Und hier steht selbst Europa bereits vor einigen Hürden. Selbst die europaweite Einführung des großen Harmonisierungsvorhabens Target2Securities (T2S) kann nicht durchgesetzt werden. Andere Länder/Regionen werden, insbesondere auch aufgrund unterschiedlicher Währungen und Clearing- und Settlementregelungen, nur schwerlich davon zu überzeugen sein, solchen Harmonisierungsvorhaben beizutreten, so Jo van der Velde, Leiter Produktmanagement von Euroclear. Zwar treiben einzelne, global aktive Banken die Harmonisierungsbestrebungen voran (was angesichts der Tatsache, dass 33% der Befragten einer Umfrage der Ansicht sind, dass die globalen Banken besonders von einer Harmonisierung profitieren, nicht überraschend ist). Aber, anders als im internationalen Handel (siehe TTIP) gibt es keine ernsthaften Bestrebungen, eine globale Harmonisierung voranzutreiben. Allenfalls SWIFT wird es zugetraut, in einzelnen Bereichen für eine weitere Angleichung von Standards in ausgewählten Bereichen zu sorgen.
Zudem sind die Banken der Ansicht, dass zunächst die Vielzahl neuer, regionaler Vorschriften (EMIR, T2S, MiFID II, usw.) umgesetzt werden muss, bevor man sich ernsthaft dem Thema der Harmonisierung widmet. Es besteht also wenig Hoffnung, dass Banken in naher Zukunft international nach einheitlichen Standards und Regularien operieren können.
Winston Churchill sagte: "If you have over 10.000 regulations you destroy confidence in the law". Wenn es danach geht, müsste die Finanzbranche längst das Vertrauen in das Rechtssystem verloren haben. Die Chefetagen der Banken beschäftigen sich deutlich mehr mit Regulierungen und Standards als mit Fragen des Marktes oder der Strategie. Hier ist jedoch global eine Trendwende zu verzeichnen. Immer mehr Banken erkennen, dass Regulierungen und insbesondere Standards (wie ISO 20022) Katalysatoren für Kostensenkung und Effizienzsteigerungen sein können. Die Frage ist: Wieviel muss investiert werden, um Standards und Regulierungsvorgaben zu erfüllen und somit Wettbewerbsvorteile zu realisieren? Zu geringe Investments führen möglicherweise zu einer Untererfüllung der Vorgaben der Regulierungsbehörden und somit zu Sanktionierungen. Eine Überinvestition führt dazu, dass Organisationen gelähmt und Mittel verschwendet werden. Hier gilt es den richtigen Mittelweg zu finden. Sinnvoll ist hier der direkte Dialog mit den Regulatoren, um einen möglichen risikobasierten Ansatz zu entwickeln. Aber selbst in anderen Ländern gestaltet sich der Dialog mit den Aufsichtsbehörden schwer. Der Weg hin zu einem konstruktiven Dialog mit den Regulatoren ist aus Sicht vieler Banken noch lang. In einigen Ländern besteht jedoch schon eine im Vergleich zur Vergangenheit verbesserte Gesprächsbereitschaft.
Aufgrund der derzeit gegen Banken ausgesprochenen Strafen und Sanktionen fragt man sich jedoch, ob der derzeitige Regulierungsrahmen ausreichend ist. Diese Frage ist nicht eindeutig zu beantworten. Die derzeit ausgesprochenen Strafen und Sanktionen beziehen sich auf Verstöße in der Vergangenheit, die z.T. schon 5-7 Jahre zurückliegen. Ob der derzeitige Regulierungsrahmen ausreichend ist, lässt sich auch erst in mehreren Jahren beantworten. Sicher erscheint jedoch, dass der Regulierungsrahmen laufend angepasst werden muss. Dies ergibt sich aus der Dynamik der Märkte mit immer mehr und komplexeren Transaktionen. Der unaufhaltsame Trend zu Real-Time-Payments und die Verbreitung von FinTechs werden die Regulierungsbehörden und Markteilnehmer auch in naher Zukunft beschäftigt halten.
ORO Services hat auf der SIBOS Präsenz gezeigt und auf Regupedia.de täglich über ausgewählte Themen, insbesondere aus dem Bereich Regulierung, berichtet. Was sind die globalen Trends und mit welchen Auswirkungen müssen wir in Europa und Deutschland rechnen? Wie gehen die Global-Player mit der Regulierungsflut um und welche Schlussfolgerungen kann der deutsche Bankenmarkt daraus ziehen? Wir versuchten auf der SIBOS Antworten zu finden.
Verschaffen Sie sich doch in unserem Blog eine Übersicht zu interessanten, von uns besuchten Veranstaltungen. Außerdem können Sie im SIBOS Issue, dem offiziellen täglichen Newspaper der SIBOS mit neuesten Nachrichten und Höhepunkten von den Konferenzen und Ausstellungen der SIBOS, weitere Informationen zu den Brennpunkten der einzelnen Tage finden.
Die Eröffnung des Compliance Forums mit Vertretern der FATF (Financial Action Task Force im Money Laundering) und der MAS (Monetary Authority of Singapore) brachte keine Klarheit, welcher Ansatz der Banken bei der Bekämpfung der Geldwäsche der richtige ist ... Weiterlesen
SIBOS Issue: Tuesday Edition
Pünktlich zum Ende der SIBOS hat sich der gefürchtete "Singapore Haze" (der durch Brandrodungen in Malaysia und Indonesien verursachte Smog) weitgehend verzogen. Die Sicht ist nun deutlich klarer. Das gilt auch für die Sicht auf die globalen Trends und Herausforderungen in der Finanzindustrie... Weiterlesen
SIBOS Issue: Thursday Edition
Die SIBOS 2015 ist eröffnet. Gleich in einer der ersten Diskussionsrunden wurde die Frage gestellt: "Global trends in regulated securities markets: How to return to a path of growth?" Vertreter von Clearstream, Deutsche Bank, Northern Trust, J.P.Morgan und BNP Paribas Securities Services stimmten überein, dass ... Weiterlesen
SIBOS Issue: Monday Edition
Im Rahmen der Veranstaltung "SWIFT Institute meets the Compliance Forum" wurde über Gegenwart und Zukunft der Regulierung des Zahlungsverkehrs gesprochen. Einigkeit herrschte unter den Zahlungsverkehrsexperten, dass ... Weiterlesen
SIBOS Issue: Wednesday Edition
Sowohl kleinere Banken als auch ganze Volkswirtschaften leiden unter den Vorschriften zur Geldwäschebekämpfung. Unter dem Stichwort "De-Risking" stellen insbesondere große Banken ganze Servicebereiche besonders im Correspondent-Banking" ein. Banken und ganze Länder in unterentwickelten Gebieten bzw. in den Krisenherden dieser Welt werden vom Wirtschaftskreislauf ausgeschlossen. 68% der während der SIBOS befragten Teilnehmer berichten, dass Transkationen von ihren Korrespondenzbanken abgelehnt worden seien. 67% sehen eine deutliche Reduktion der Services, die von ihren Korrespondenzbanken angeboten werden. Warum? Für Global Player ist es einfacher und kostengünstiger, Transferservices gar nicht mehr anzubieten, anstatt aufwändige Prüfungen zu vollziehen, die sich dann, selbst bei größter Sorgfalt, als lückenhaft erweisen können und zudem sehr kostenintensiv sind. Global Player berichten, dass sie bei Verstößen gegen Anti-Geldwäsche-Richtlinien empfindlich bestraft würden. Da ist es für sie einfacher kleinere Banken auszuschließen. Dieser Trend wird sich im Prinzip nicht umkehren. Die einzige Möglichkeit für kleine Banken weiterhin im globalen Geldverkehr teilzunehmen besteht darin, den Informationsbedarf ihrer (großen) Korrespondenzbanken im Bereich KYC lückenlos und plausibel zu befriedigen, was ihrerseits zu erhöhten Prozesskosten führen wird.
92% der Befragten einer Umfrage während der SIBOS sind der Ansicht, dass Digitalisierung in der Außenhandelsfinanzierung ein wichtiges Thema mit großer Nachfrage seitens der Kunden ist. Dies bestätigten Vertreter der Firmen Bunge, BHP Billiton und BillerudKorsnäs. Allesamt Firmen mit hohem Anteil am internationalen Geschäft. HSBC, ANZ und Unicredit bezeichnen sich als Pioniere in diesem Bereich. Dennoch beklagen die Vertreter der anwesenden Firmen, dass das Leistungsangebot noch bei weitem nicht ausreichend sei und durch die Banken nur sehr zögerlich angeboten würde. Einigkeit herrscht darüber, dass eine Digitalisierung der Außenhandelsfinanzierung signifikante Effizienzgewinne bringt, in dem sie Transparenz schafft, Prozesse beschleunigt und die Dokumentenflut eindämmt. Während die Banken klagen, dass es eine große Unsicherheit darüber gibt, wie der Bereich der Außenhandelsfinanzierung sich entwickeln wird und dieses Geschäftsfeld überhaupt sehr kompliziert und reguliert sei, gibt es offensichtlich seitens der Kunden ein großes Nachfragepotenzial. Die Zukunftsthemen Blockchain und FinTechs sind für die Innovationsteams der Banken offensichtlich spannender als die Optimierung traditioneller Geschäftsfelder.
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