"Die Welt ändert sich ständig und wir alle müssen uns daran anpassen - Banken ebenso wie Aufsichtsbehörden". Mit diesem Satz schloss Sabine Lautenschläger, Mitglied des Direktoriums der EZB und stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsgremiums der EZB, ihre Rede auf der Risk Management & Supervisory Conference in Dublin. Gegenstand ihrer Rede waren der Fokus der Aufsicht für das Jahr 2019, insbesondere hinsichtlich Herausforderungen wie dem Brexit und der Digitalisierung. Ihrer Meinung nach dürfte vor allem die Regulierung für Investmentfirmen eines der großen aufsichtlichen Themen im Jahr 2019 werden. Als besondere Herausforderungen nannte sie des Weiteren den Brexit, geopolitische Risiken, notleidende Kredite (NPL), technologische Veränderungen, Cyberkriminalität, die Neubewertung an den Finanzmärkten, das Niedrigzinsumfeld sowie den Klimawandel.
Starke Zentralisierung des Clearing muss überdacht werden
Die frühzeitig kommunizierten aufsichtlichen Schwerpunkte der EZB wurden von den meisten Banken bereits umgesetzt, lediglich ein paar hätten sich noch nicht vollständig an die Anforderungen angepasst. Zwar sei dies ein Thema, das jede Bank unterschiedlich treffe, jedoch gebe es auch Auswirkungen, die den ganzen Bankensektor betreffen werden. Als Beispiel führt Sabine Lautenschläger das Clearing an, das zur Zeit hauptsächlich über zentrale Gegenparteien im Vereinigten Königreich durchgeführt wird. Auch wenn hierfür Übergangsregelungen geschaffen werden, bleiben dies Übergangsregeln, die den Zeitraum für die Vorbereitung lediglich verlängern, diese aber nicht überflüssig machen. Die starke Zentralisierung des Clearings ist sowohl hinsichtlich einzelner Banken als auch der Finanzstabilität ein risikobehaftetes Thema, das intensiv erörtert werden muss. Gerade die grenzüberschreitende Überwachung von Bankenservices ist ein Aspekt, bei dem Sabine Lautenschläger den Gesetzgeber in der Verantwortung sieht, um den entstehenden Risiken durch mangelnde oder zersplitterte Aufsicht entgegen zu wirken.
Ebenfalls ein großes Thema im Lichte des Brexit ist die Regulierung von Investmentfirmen. Sabine Lautenschläger geht davon aus, dass diese nach dem Brexit eine größere Rolle innerhalb der EU spielen werden, was mehr und größere Risiken nach sich zieht. Die Aufsicht über die Firmen soll künftig der EZB obliegen. Die goldene Regel der Aufsicht müsse Anwendung finden: dasselbe Geschäft, dieselben Risiken, dieselben Regeln. Die Nachricht, die Sabine Lautenschläger übermitteln will, ist, dass die Arbitrage von post-Brexit-Regelungen keine Möglichkeit für Investmentfirmen ist.
Folgen der Digitalisierung kaum zu prognostizieren
Technische Veränderungen stellen für Sabine Lautenschläger ebenfalls eine der Hauptherausforderungen für das Jahr 2019 dar. Problematisch sei hieran ganz besonders, dass eine Vorhersage der Entwicklungen auf diesem Gebiet sich als nahezu unmöglich herausstelle. Um dieser Herausforderung dennoch zu begegnen, denke die Aufsicht in Szenarien und stellt Überlegungen an, wie ein Umgang mit diesen aussehen könnte. Als Extremszenarien stellen sich einerseits eine sehr gute Anpassung des Bankensektors an die Digitalisierung dar, andererseits eine sehr schlechte, bei der es zu einem höchst umkämpften Markt oder einem höchst konzentrierten Markt kommen würde. Als wahrscheinlich wird aber ein Mittelweg angesehen, bei dem viele sich gut anpassen können und einige am Fortschritt scheitern werden. Banken sollen sich auf das konzentrieren, was sie am besten können - und dann darüber nachdenken, wie technische Innovation ihnen dabei helfen kann auf diesem Gebiet noch besser zu werden.
Einer der Begleitfaktoren der technischen Veränderungen sind Cyber-Risiken, mit denen Banken schon jetzt konfrontiert sind. In der Zukunft werden sie jedoch noch anfälliger für solche Risiken werden. Die Reaktion der Aufsicht besteht in der Ankündigung von Vor-Ort-Inspektionen im Jahr 2019 sowie in der weiteren Beobachtung der Situation.
Auch die Aufsichtspraxis wird vom technischen Fortschritt beeinflusst. Hier werden einerseits Chancen durch effizientere Prozesse hinsichtlich der Datenbeschaffung und der Datenauswertung gesehen. Durch Machine Learning und neuronale Netze können neue Herangehensweisen entwickelt werden, die aufsichtliche Prozesse verbessern können. Andererseits werden auch Risiken gesehen, so zum Beispiel das rechtliche Risiko durch die große Anzahl an sensiblen Daten. Gerade die aufsichtliche Beurteilung kann nicht durch technischen Fortschritt ersetzt werden.
Abschließend hält Sabine Lautenschläger fest, dass Banken wie Aufsichtsbehörden auf alles vorbereitet sein müssen - auch auf eine potentielle Verschlechterung der Situation.
Die vollständige Rede finden Sie hier [EN].
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