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Gepostet am 12. Juni 2018 von  Katrin Jastrau, Senior Consultant bei ORO Services GmbH in Regularien

Sustainable Finance: Aus der Nische in Richtung Mainstream?

Ein Megatrend ist es nicht, aber auch längst kein Nischenphänomen mehr: Sustainable Finance - nachhaltiges Finanzwesen - ist inzwischen ein bedeutendes Thema am Kapitalmarkt. Glaubt man Finanzmarktexperten, werden im laufenden Jahr u.a. Investitionen und Emissionsvolumina in "grüne Anleihen" (green bonds) stark zunehmen.

Laut einer gemeinsamen Studie der Sparkassen-Finanzgruppe und der Bayern LB stieg das Bruttoneuemissionsvolumen von green bonds 2017 im Vorjahresvergleich um 80 Prozent auf 156 Mrd. US-Dollar. In diesem Jahr soll das Emissionsvolumen weltweit zwischen 190 und 210 Mrd. Euro liegen. Dafür ist nicht nur die wachsende Zahl an Emittenten verantwortlich, sondern auch die breitere Investorenbasis. Waren es vor einiger Zeit noch hauptsächlich kirchliche Einrichtungen oder Stiftungen, die ihr Vermögen in nachhaltige Assets stecken, bauen heute vermehrt Versorgungswerke, Pensionskassen, Versicherer und Unternehmen auf sustainable finance.

ESG-Faktoren künftig im Fokus der Aufsicht

Das ist sicher ein Grund für die BaFin, Nachhaltigkeitskriterien in ihrer Aufsichtspraxis mehr Raum zu geben (zum Regupedia-Steckbrief). Laut Aufsichtsbehörde ist sustainable finance der Beitrag der Finanzmärkte zur Wandlung gesellschaftlicher, umweltbeeinflussender und wirtschaftlicher Faktoren, um der Menschheit langfristig das Überleben auf der Erde zu ermöglichen. Den größten Teil des Komplexes bilden dabei Umwelt- und Klimarisiken.

Die BaFin bemängelt, dass Marktteilnehmer immer noch unterschätzen, dass Klima-, Umwelt- und soziale Veränderungen auch materielle Risiken für einzelne Finanzmarktakteure sowie den Finanzmarkt als Ganzes bergen. Nach dem Willen der Aufseher sollen Finanzinstitute Umwelt-, soziale und Governance-Risiken (ESG-Faktoren) explizit im Risikomanagement und in ihrer strategischen Steuerung berücksichtigen. Auf diese Weise könne das eingesetzte Kapital effizient auf Unternehmensebene allokiert und der Finanzsektor in Summe seiner Rolle in der Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft gerecht werden.

Der Druck auf europäische Regulatoren wächst

Auf europäischer Ebene beschäftigt das Thema schon seit einiger Zeit die Regulatoren. Das hängt nicht zuletzt mit der Erkenntnis der Europäischen Kommission zusammen, dass mehr privates Kapital in nachhaltige Investitionen gelenkt werden muss, um Ziele des Pariser Klimaschutzübereinkommen von 2015 zu erreichen. Dort ist u. a. der Rückgang von CO2-Emissionen um 40 Prozent bis zum Jahre 2030 festgelegt. Rund 180 Mrd. Euro an Investitionen seien hierfür pro Jahr nötig. Kein Wunder also, dass die Kommission beim Thema Nachhaltigkeit, das übrigens auch ein Kernelement der Kapitalmarktunion (CMU) ist, das Tempo erhöht hat.

Ende Mai wurden gleich vier Gesetzesvorschläge auf einmal veröffentlicht, die aus dem ersten EU-Aktionsplan für ein nachhaltiges Finanzwesen (zum Reguepdia-Steckbrief) hervorgegangen sind. Die Kernelemente dieser Maßnahmen sind:

  1. Einheitliche EU-Klassifikationssysteme: Anhand einer klar definierten Taxonomie soll künftig per Verordnung festgestellt werden können, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit ökologisch nachhaltig ist. Diese Begriffsbestimmung ist vor allem für Investoren wichtig, damit diese fundierte Investmententscheidungen treffen können (zum Regupedia-Steckbrief).

  2. Investorenpflichten: Mithilfe einer Verordnung soll geregelt werden, wie institutionelle Anleger ESG-Faktoren in ihren Investmententscheidungen berücksichtigen sollten. Die genauen Vorschriften hierzu sollen zu einem späteren Zeitpunkt durch delegierte Rechtsakte spezifiziert werden. Vermögensverwalter und institutionelle Anleger sollen künftig nachweisen, inwieweit ihre Investitionen an ESG-Kriterien ausgerichtet sind und transparent machen, inwiefern sie diesen nachkommen (zum Regupedia-Steckbrief).

  3. Referenzwerte für kohlenstoffarme Emissionen: Eine neue Kategorie von Referenzwerten soll eingeführt werden, die einen Referenzwert für geringe CO­2-Emissionen sowie einen Referenzwert für positive CO­2-Effekte beinhaltet. Damit sollen Anleger besser über den CO2-Fußabruck eines Unternehmens bzw. Investmentportfolios informiert werden. Die Einführung neuer Benchmarks hätte eine Änderung der Benchmarkverordnung zur Folge (zum Regupedia-Steckbrief).

  4. Bessere Kundenberatung bei Investitionsentscheidungen: Mit einer Konsultation will die Kommission feststellen, wie sich ESG-Aspekte am besten in die Beratung von Privatkunden und institutionellen Investoren verankern lassen. Ziel ist es, die Nachhaltigkeitspräferenzen von Anlegern stärker zu berücksichtigen und diesen so einen breiteren Zugang zu nachhaltigen Anlagen zu ermöglichen. Hierfür müssten letztlich delegierte Rechtsakte bzgl. der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II) und zur Versicherungsvertriebsrichtlinie geändert werden (zum Regupedia-Steckbrief).

Monitoring der regulatorischen Entwicklungen gefragt

Diese Vorschläge zeigen einmal mehr, dass unionsweit einheitliche Regelungen im nachhaltigen Finanzwesen dringend notwendig sind, um Investitionen in nachhaltige Assets anzukurbeln. Laut dem Aktionsplan für sustainable finance sollen alle Maßnahmen bis Mitte 2019 verabschiedet werden. Ob sie einen Beitrag leisten können, die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu erreichen, und sustainable Investments bald zum Mainstream gehören, bleibt abzuwarten. Zunächst müssen die Vorschläge im Europäischen Parlament und im Rat erörtert werden. Wir werden die weiteren Entwicklungen - soweit sich daraus regulatorische Vorgaben ergeben - aus erster Hand verfolgen und auf Regupedia.de darüber informieren.

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