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Gepostet am 18. November 2016 von  Paul Gronau, Manager bei Severn Consultancy GmbH in Regularien

MiFID II – Von Entspannung keine Spur

Es wird langsam ernst. Trotz der Verschiebung des Anwendungsbeginns von MiFID II um ein Jahr auf den 3. Januar 2018 merkt man im Markt deutlich, dass keineswegs Entspannung unter den Betroffenen herrscht. Es ist mittlerweile bei jedem, der unter die Direktive fällt, angekommen, dass die Verschiebung nicht aus reiner Willkür oder gar Unlust gemeinschaftlich von allen Ländern und Aufsichtsbehörden beschlossen wurde, sondern allein durch die enorme Komplexität des Themas und die damit verbundenen sehr hohen Umsetzungsaufwände zu begründen ist. Somit ist die verbleibende Zeit mehr als knapp, und diejenigen, die das Thema aufs Abstellgleis geschoben haben, könnten Ende 2017 in Schwierigkeiten geraten. Unserer Meinung nach ist mit einer erneuten Verschiebung, vom aktuellen Standpunkt aus betrachtet, nicht zu rechnen. Das war auch der Leitgedanke des Workshops zum Thema MiFID II / MiFIR, den die WM-Gruppe am 14. November 2016 in Frankfurt veranstaltete. Teilgenommen haben Vertreter deutscher Finanzinstitute und Asset Manager, deren Interessen ebenfalls vom BVI vertreten wurden.

Sehr komplexe Anforderungen

Ein sehr wichtiger Bestandteil von MiFID II ist die Versorgung mit Daten, die beispielsweise von Produktherstellern zur Klassifizierung der Risikoeinstufung eines Produktes und des Zielmarktes an die Vertriebsstellen geliefert werden müssen. Diese Informationen, zuzüglich der kalkulierten Kosten des Finanzproduktes und der Wertpapierdienstleistung, müssen u.a. dem Endkunden noch vor Erteilung eines Auftrags zur Verfügung gestellt werden. Das Ziel der sehr gut besuchten Veranstaltung war, aufzuzeigen, wie komplex die Anforderungen an die Transparenz sind. Insbesondere die Definition der Zielmärkte und die ex-ante und ex-post Kostentransparenz, als Kernaspekte des Anlegerschutzes bei MiFID II, bedürfen einer rechtzeitigen Definition der Anforderungen und folglich auch der technischen Umsetzungskonzepte. Meines Erachtens ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um sich mit der Versorgung der Finanzindustrie mit den geforderten Informationen und Daten auseinanderzusetzen, auch wenn erschwerend hinzu kommt, dass für die jeweiligen Themenkomplexe noch nicht alle Aspekte auf internationaler bzw. nationaler Ebene rechtlich geklärt und die finalen gesetzlichen Vorgaben noch ausstehend sind. Somit basieren einige Konzeptionen aktuell noch auf Annahmen, die jedoch als sehr präzise und wahrscheinlich angenommen werden können. Severns langjährige Erfahrung im Umgang mit regulatorischen Vorgaben im Finanzbereich lässt diese Schlussfolgerung durchaus zu.

Wie wir bei der Umsetzung vorangegangener regulatorischer Anforderungen und Projekte erfreulicherweise feststellen konnten, nimmt Deutschland stets eine Vorreiterrolle bei der Konzeption und Umsetzung der Maßnahmen ein, und hat somit auch die Möglichkeit internationale Standards zu setzen. Andere müssen da oft nachziehen. Parallele regulatorische Initiativen, die ebenfalls eine Umsetzung obligatorisch machen, werden jedoch nicht zur Entspannung beitragen, wie z.B. die sehr wahrscheinliche Verschiebung von PRIIPs (die EU Kommission hat den Vorschlag bereits veröffentlicht) auf den 03. Januar 2018, also zeitgleich mit MiFID II. Auf der anderen Seite erscheint eine Verschiebung von PRIIPs - konform zu MiFID II - wegen vieler inhaltlicher Überschneidungen sinnvoll. Die Asset Management-Branche wird sich u.a. zusätzlich mit dem Thema Investmentsteuerreformgesetz intensiv auseinander setzen müssen.

Der deutsche Finanzmarkt ist in der komfortablen Situation, mit der WM-Gruppe einen Datenlieferanten an der Seite zu haben, der sehr lange im Markt aktiv ist und einen Großteil der Institute seit Jahren mit den notwendigen Feeds versorgt. Andere Länder sind weit davon entfernt und schauen zum Teil neidisch auf den deutschen Markt. Um die Marktteilnehmer rechtzeitig mit den geforderten Daten zu versorgen, arbeitet die WM-Gruppe bereits an einem Produkt, mit dem die Anforderungen aus MiFID II umgesetzt werden können. Eine entsprechende Projekt- und Testplanung wurde im Rahmen des Workshops vorgestellt und von den Teilnehmern wohlwollend registriert.

Noch viele Fragen offen

Als Resümee ist ein klare Botschaft erkennbar und von allen Teilnehmern klar bestätigt worden: Trotz des (wie so oft) progressiven Vorgehens des deutschen Marktes sind noch viele Fragen offen. Diese gilt es zeitnah zu klären, um endlich die Sicherheit bezüglich der gesetzlichen Umsetzungsvorgaben zu erlangen. An der Stelle ist auch die Lobbyarbeit der Finanzverbände gefragt.

Die Erfahrung von Severn im Finanzbereich bestätigt die allgemeine Meinung, dass die Anforderungen an die Produkthersteller, den Handel sowie den Vertrieb enorm sind und die bisherigen Vorgaben in den Schatten stellen. Die eine oder andere Wertpapierfirma wird sich mit dem eigenen Geschäftsmodell auseinandersetzen müssen, um die Umsetzungsaufwände im Rahmen zu halten. Das sollte nicht das Ziel einer smarten Regulierung sein. Dass der Anleger geschützt werden muss, steht außer Frage, aber eine Überregulierung kann ebenfalls ein falsches Signal sein. Mit dem Anwendungsbeginn von MiFID II fällt der Startschuss, und spätestens da werden wir erfahren, ob Europa den Anforderungen gerecht wird.

Basierend auf den gemachten Erfahrungen zu MiFID II und unserem Austausch mit vielen Marktteilnehmern, muss man sich die Frage stellen, ob die so vehement eingeforderte vollständige Transparenz für den Anleger tatsächlich am Ende nützlich ist, oder ob sie nur zu weiteren Verwirrungen führt und alleine das Eigenschutzbedürfnis der Regulatoren befriedigt. Bis dahin arbeitet die Branche weiterhin an Lösungen, um die umfangreichen Anforderungen zu erfüllen.

Detaillierte Informationen zu MiFiD II erhalten Regupedia-Kunden im gleichnamigen Whitepaper sowie im Annex zum Anlegerschutz und der Marktorganisation.

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